Tag 12 – Yosemite: Glacier Point – Yosemite Valley via Panorama und Mist Trail

Tag 12 –Yosemite: Glacier Point – Yosemite Valley via Panorama und Mist Trail

Es ist noch recht dunkel, als der Wecker klingelt. Wir packen noch schnell ein paar frische Sachen aus dem Kühlschrank in die vorbereiteten Rücksäcke und legen ganz viele gefrorene Wasserflaschen aus dem Tiefkühlfach dazu. So werden wir den ganzen Tag angenehm gekühlte Getränke haben.

Eines der ersten Shuttles bringt uns zur Yosemite Lodge, an der uns ein weiteres Shuttle zum Glacier Point bringen soll. Die Stimmung im Tal ist friedlich; Rehe grasen auf den Wiesen, die wenigen Menschen die wir sehen, scheinen fast alle im Park zu arbeiten und es sind tatsächlich überall Parkplätze frei. Das kennen wir so gar nicht – vor vier Jahren sind wir sogar einmal durchs Valley gefahren, ohne einmal auszusteigen, weil wir das RV einfach nirgends parken konnten.

Da wir noch reichlich Zeit haben, essen wir in der Lodge Pancakes zum Frühstück. Für einen Kaffee reicht es aber nicht mehr, weil der Mitarbeiter am Tresen die Bestellungen so langsam abarbeitet, dass ich froh bin, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum der Zutaten zwischen Bestellung und Zubereitung nicht abläuft.

Als wir dann 20 Minuten vor Shuttle-Abfahrt mit einigen anderen Touristen an der Haltestelle sitzen, denke ich mir, ich könnte ja angesichts der Wartezeit noch mal schnell in den in Sichtweite gelegenen Buchladen hüpfen, um dort nach netten Souvenirs oder einer topografischen Karte zu schauen – nur für den Fall dass unsere zwei GPS-Geräte ausfallen sollten.

Als ich 5 Minuten später erfolglos wieder zurück bin, ist Anja „sehr aufgeregt“. Was war bloß passiert? Ich war kaum weg, da hatte das „boarden“ begonnen oder vielmehr wurden die Leute je nach Shuttle in entsprechende Warteschlangen einsortiert und schon mal penibel die reservierten Fahrkarten gecheckt. Die hatte natürlich ich einstecken und Anja sah uns schon hier bleiben – wohlgemerkt, der – wie ich positiv überrascht feststellen sollte – Reisebus kam dann tatsächlich erst 15 Minuten später genau zur geplanten Abfahrtszeit.

Nach der ganzen Aufregung verlief die Fahrt dann aber sehr angenehm. Der Bus war nicht annähernd voll und die Fahrerin unterhielt Ihre Gäste fast pausenlos mit informativen und spannenden Geschichten und Fakten rund um den Park. Lediglich die Empfehlung an die Wanderer, welche Pit-Toilet denn die Beste am wenigsten frequentierte sei, war dann eher – sagen wir mal – ein Griff ins Klo.

Nach dem obligatorischen Fotostopp direkt am beeindruckenden Aussichtspunkt 1000 m senkrecht über dem Tal laufen wir dann gut gelaunt los. Geplant sind der Panorama und später der Mist-Trail entlang am Nevada- und am Vernall Fall. Wegen der 13,5 km Gesamtlänge, der Höhendifferenz bis ins Tal sowie der zusätzlichen rund 200 m, die es zwischenzeitlich bergauf geht, habe ich mir im Vorfeld lange den Kopf zerbrochen, ob wir das den Kids zumuten können, zumal wir ja auch noch rechtzeitig unten am Shuttle sein müssen, um nicht noch zusätzlich zum CG laufen zu müssen. Die Kids meinten aber, sie schaffen das und nach dem langen Hike im Sequoia waren wir auch ganz optimistisch.

Sobald wir 200 m vom Aussichtspunkt entfernt waren, hatten wir die herrliche Natur und grandioseste Ausblicke ins Tal und auf die gegenüberliegenden Gipfel weitgehend für uns alleine. Dass die Sicht aufgrund der Waldbrände nicht perfekt war, konnte die Stimmung in keinster Weise trüben.

Am herrlichen Illilouette Creek machen wir die erste ausgedehnte Rast, eine kürzere am Panorama Point. Inzwischen ist es auch recht warm und es geht an den Zwischenanstieg, aber auch den meistern die Kids gut. Moritz unterstützen wir ein wenig, indem wir ihn immer mal wieder mit dem Wanderstock ziehen, was ihm sehr viel Spaß macht. Das GPS ist Gold wert, weil wir ihm immer genau sagen können, wie der Weg verlaufen wird. Die wenigen anderen Wanderer, die alle auch mit uns im Bus saßen, brüten immer wieder über ihren Karten und erwischen nicht immer den Weg, den sie nehmen wollen, aber wir helfen, wo wir können.

Leider ist dann der schönste Teil und die weitgehende Einsamkeit vorbei, als wir in die Nähe des Nevada Falls kommen. Uns fällt auf, dass es von hier ja „nur noch“ 4,5 Meilen zum Half Dome sind und Lea will da jetzt auch noch hin. „Äh – nein! In ein paar Jahren gerne, falls wir dann noch dazu in der Lage sind."

Bis hierhin schaffen es auch viele Wanderer aus dem Tal. Dennoch machen wir hier am auch im Sommer noch mächtigen Wasserfall eine lange Rast. Der folgende steile Abstieg teils über hohe Felsstufen hat es dann durchaus in sich. Die Kids finden es aber weniger schlimm, als Anja mit ihrem lädierten Knie und ich mit meinem unpassenden Schuhwerk.

Dieses verlangt wohl nach einer kurzen Erklärung: Ich trage zumindest in den Wanderstiefeln eigentlich Einlagen, nur sind diese heute irgendwie nicht da, wo sie hingehören. Auf ebenen Strecken eigentlich kein Problem, aber wenn es steil bergabgeht, stoße ich mit den Zehen so unangenehm vorne an, dass ich irgendwann kaum noch weiß, wie ich die Füße aufsetzten soll…

Während den Kids das Klettern und Springen auf den Steinen also viel Spaß macht, sind die Eltern etwas am Kämpfen, als plötzlich ein faustgroßer Stein zwischen mir und Moritz, der kurz vor mir läuft, einschlägt. Instinktiv renne ich zu ihm und beuge mich einen Arm über meinen eigenen Kopf schützend über ihn, als ein zweiter Stein, diesmal neben uns einschlägt. Uns wird klar, da wirft einer Steine von oben über den Abgrund, und von dort kann man uns ja nicht sehen. Ganz toller Geistesblitz! Wir rufen laut nach oben, dass hier Leute sind und der Spuk hat zum Glück ein Ende, ohne dass außer dem Schreck etwas passiert ist. Das hätte auch ins Auge respektive auf den Kopf gehen können.

Wir erreichen den Vernall Fall, halten uns hier aber kaum noch auf, denn hier ist einfach die Hölle los. Wir laufen in einer nicht enden wollenden Karawane sehr steile Passagen entlang des Wasserfalls hinab, müssen ständig warten, weil andere Touristen viel langsamer sind und werden auch häufig überholt. Dazu kommen immer wieder Stellen, an denen wir den Gegenverkehr passieren lassen müssen. War hier die Kletterei irgendwie noch ganz witzig, ist der letzte Kilometer dann wirklich keine Freude mehr: der Weg bleibt recht steil, ist aber jetzt asphaltiert und gleicht einem Shopping Center zum Black Friday! Dazu möchte ich nicht, dass sich jetzt jemand vorstellt, wie sich meine Füße gerade anfühlen…

Dieser Abschnitt geht zum Glück schnell vorbei, und schon bald sitzen wir erschöpft aber glücklich im Shuttle zum CG. Die Kids können zu Recht stolz auf sich sein, und haben sich Ihre 2 Kapitel Hobbit genauso verdient, wie ich mein Steak vom Feuer. Hier ist es übrigens extrem verqualmt, da der Rauch von den zahlreichen Campfires des riesigen CGs nicht abzieht.

Das schmälert diesen grandiosen Tag aber nicht im Geringsten und ich bin froh, dass wir uns getraut haben, diesen Hike anzugehen und ich mir so einen Traum erfüllen konnte, der bestand, seitdem sich ein Freund bei meinem ersten Besuch hier auf einem Parkplatz seinen Knöchel verstauchte was damals alle Wanderungen unmöglich machte.