Tag 21: Hardcore-Wanderung auf den Stawamus Chief und eine süsse Überraschung

Im Regenwald ist es so eine Sache mit den Wetterprognosen – man sieht das Wetter nicht wirklich, ausser sie kommt in nasser Form runter. So bin ich beim Verlassen des Campgrounds positiv überrascht, dass das Wetter gar nicht so leid ist.

Wir haben noch zwei volle Tage, bis wir den Camper in Vancouver abgeben. Die letzte Nacht werden wir auf dem Porteau Cove verbringen, für heute habe ich mir den Stawamus Chief CG als nächsten Übernachtungsort ausgesucht, die Fahrt ist ultrakurz, nach 20 min sind wir bereits dort.

Der CG ist bis auf einen Platz komplett leer, wir haben die volle Auswahl und entscheiden uns für eine Site im Wald. Vor 5 Jahren wären wir wohl draussen gestanden mit Blick auf den Sound, aber den kleinen Regenwald-Campground finde ich dieses Mal richtig kuschelig:

Da erst 11 Uhr ist, stellt sich die Frage was nun? Spontan frage ich in die Runde, ob jemand Lust hat, auf den Stawamus Chief hochzusteigen. Meine wanderfreudige Tochter lässt mich nicht im Stich und so gehen wir eine halbe Stunde später zum Ausgangspunkt des Aufstiegs. Ich bin null vorbereitet, bevor wir die ersten Treppen hochsteigen, fotografiere ich noch kurz den Plan auf der Tafel, damit ich etwas Ahnung habe. Es wird noch davor gewarnt, dass es sich um keinen Spaziergang handelt, das spornt uns Schweizer natürlich extra an.

Der Aufstieg ist steil – sehr steil. Zunächst geht es über hölzerne Treppenstufen nach oben.

Später verlieren sich die künstlichen Stufen im Wald und es geht Stock und Stein durch das finstere Gehölz. Der Regen des Vortages macht das Ganze noch herausfordernder, alles ist rutschig und nass.

Unterwegs gibt es erste Ausblicke

Auf dem unteren Teil treffen wir noch ein paar Menschen an, bei der Gabelung zwischen Peak 1 und Peak 2/3 entscheide ich mich spontan für Peak 2, da fast alle Peak 1 ansteuern und ich immer gerne dort bin, wo niemand ist.

Ob dies ein so guter Entscheid war? Nach einem weiteren kurzen Aufstieg im dichten Wald landen wir plötzlich im Felsbereich  

... und müssen ein paar Partien hochkraxeln, was bei dem nassen Felsen nicht ohne ist. Zum Glück sind wir Bergler und trotzdem: hier gehe ich nicht runter, sage ich meiner Tochter, als wir oben ankommen.

Die Sicht ist sensationell, bei schönem Wetter muss es ein Traum sein, auf die Coast Mountains und den Howe Sound zu schauen.

Wir suchen uns einen Platz für ein kleines Picknick, kaum setzen wir uns, bekommen wir Besuch von etwas dermassen Süssem, das ich wieder einmal Bilder sprechen lasse:

Der Kleine ist ganz schön frech, kraxelt sogar die Beine hoch und erwischt mit seinen Zähnen meinen Finger. Autsch…

Nachdem wir uns endlich loseisen können, geht es um die Frage, wie weiter. Denselben Weg möchte ich nicht zurück, ergo bleibt nur der Abstieg auf der anderen Seite Richtung Peak 3. Leider habe ich diesen Bereich nicht fotografiert und hoffe so einfach, dass der Weg passabel ist. Die Markierung ist etwas dürftig, der Abstieg auf dieser Seite ist jedoch definitiv einfacher. Wieder im Wald folgt bald einmal der Abzweiger zu Peak 3. Wir aber wollen runter und was dann folgt, hat nichts mehr mit einer Wanderung zu tun, sondern eher mit einem Find-den-Weg resp. Find-die-Richtung durch unwegsames Gelände und mehrheitlich umgestürzten Bäumen. Wir überholen zwei junge kanadische Frauen, die so gar nicht geländetauglich aussehen. Hoffentlich finden sie noch vor Dunkelheit runter…

Der Abstieg zieht sich, ab dem Abzweiger zu Peak 1 kommen uns wieder Menschen entgegen. Nach 3 Stunden sind wir wieder unten mit etwas müden Beinen aber einem guten Gefühl, doch noch eine tolle Mutter-Tochter-Wanderung in Kanada gemacht zu haben.

Für alle berggängige Foris eine sehr empfehlenswerte Wanderung, nur nicht gerade nach einem Regentag.

Übernachtung: Stawamus Chief CG, ohne Strom
Wetter: wechselnd bewölkt