Donnerstag, 4.8.
Über Nacht habe ich eine Eingebung: wenn wir den Mietwagen, der für Freitag um 12 p.m. in Denver gebucht ist (also NACH Abgabe des Womos), schon morgen hätten, würde das eine Menge Zeit und Mühe am Freitag sparen. Ein paar Klicks in der Expedia-App ergeben, dass es eine Avis-Station in Longmont gibt und ein Full Size SUV mit Abholung um 4 p.m. und Rückgabe 1 p.m. am Airport in Denver gerade mal $50 mehr kostet, als der bisher bei Hertz gebuchte Mid Size SUV 20 Stunden später. Storno ist bis 6 Stunden vor Abholtermin möglich.
Gesagt, getan, ich storniere und buche neu. Wie gut das ist, stellt sich im Laufe des Tages heraus, denn unsere Tochter klagt nach dem Bad im eiskalten Wasser gestern über starke Ohrenschmerzen. Damit ist nicht zu spaßen. Wir beschließen, das zu beobachten, fragen aber schon einmal unsere Freunde in Boulder, ob sie uns einen Ohrenarzt empfehlen können.
Bevor wir losfahren, füllen wir noch den Propangastank auf. Kostenpunkt: $4 für die gesamte Zeit, trotz regelmäßiger (heißer!) Duschen und täglichem Teekochen plus Abwasch. Übrigens haben wir auch mit dem Skotti-Grill gerade mal 1 ½ große Coleman-Propangas-Flaschen gebraucht, obwohl wir fast täglich gegrillt und öfter auch zum Frühstück getoastet haben.
Nach einem vorletzten, 43 Gallonen umfassenden Tankstopp kurz vor Cheyenne fahren wir in den dortigen Walmart und werden ohne große Nachfrage die ungeliebten Fahrräder wieder los. Einziger Wermutstropfen: das Geld wir in bar ausgezahlt. Naja, dann zahlen wir ab jetzt alles, was wir noch kaufen, in bar… In der Walmart-Apotheke besorgen wir frei verkäufliche homöopathische Ohrentropfen, die aber eher die gegenteilige Wirkung haben…
OK, der Arzt ist in Longmont, also fahren wir weiter. Zuerst müssen wir aber alle etwas essen, was wir beim KFC direkt an der Abfahrt beim St. Vrain Campground bei Longmont erledigen. Es geht kein Weg daran vorbei, der Arztbesuch muss sein. Ein Anruf ergibt, dass die empfohlene „Clinic“ keine Nicht-Mitglieder behandelt. Also googeln wir „Ohrenarzt“ und rufen den nächstgelegenen an. Allerdings verweist uns die nette Mitarbeiterin am Telefon zur nächsten Notfallpraxis. Das wäre in Longmont oder, nur 1,5 Miles entfernt, in Firestone. Bingo, da geht’s hin.
Der Arztbesuch, oder besser gesagt, der Papierkram bei der Anmeldung, ist eine Story für sich. Ein Anruf beim ADAC ergibt, dass wir am besten einfach sagen, dass wir Selbstzahler sind. Die Rechnung können wir später einreichen. OK, die $155 haben wir als Cash dabei (Danke Walmart!).
Endlich, gegen 4 p.m., ist meine Tochter an der Reihe und erstmal nimmt eine männliche „Nurse“ Größe, Gewicht und Blutdruck auf. Einige Minuten später kommt die Ärztin und die Untersuchung dauert nur einige Sekunden. Offensichtlich ist alles entzündet. Es braucht Antibiotika und entzündungshemmende Ohrentropfen.
Um 4.15 p.m. verlassen wir die Notfallpraxis mit dem Rezept auf Papier (hätten wir ein Account bei einer Apotheke, wäre dieses online übertragen worden, haben wir aber nicht). Der Grund, warum ich bereits etwas nervös bin: Avis Longmont schließt um 5 p.m.
Um 4:45 p.m. fahren wir bei Avis vor und treffen dort auf ein Ehepaar, das mein Sohn vom KOA-Pool in Douglas kennt. Sehr lustig! Meine Frau und Tochter fahren mit dem Womo zum Walmart voraus, der auf dem Weg zum Campground liegt. Um kurz vor 5 fahren wir bei Avis los und kommen gerade so am Walmart Parkplatz an, dass wir meine Frau mit dem Womo noch stoppen können. Die Apotheke im Walmart hat die Medikamente nicht vorrätig und die beiden zum Walmart auf der anderen Seite von Longmont geschickt. Da ihr Anruf mit der Lyca-Karte bei mir nicht geklappt hat, hat sie mir eine WhatsApp geschickt (es gibt immerhin Internet!) und will mit dem Womo dorthin fahren.
Eigentlich war angedacht, auf dem St. Vrain Campground in Ruhe zu packen. Und dahin fahren wir auch jetzt erstmal. Der Ranger am Eingang fragt nach unserem Namen und schickt uns zur Site 39. Er erklärt uns, dass wir pro Fahrzeug $9 zusätzlich zur gebuchten Site per self-registration Umschlag zahlen müssen. Diesen können wir bei der nächsten Ausfahrt einwerfen.
Wir fahren zur Site 39 – und diese ist besetzt. Hätte ich mal vorher auf meinen Plan geschaut: gebucht war Site 70 mit full hook-up. Im Internet finden wir eine Campground Map und vermeiden es so, suchend den nicht so kleinen Park abzufahren… Später am Abend entschuldigt sich der Ranger – er hat einfach den ersten Schmidt auf der Liste genommen. Ist halt auch in den USA ein Name, der öfter vorkommt…
Auf Site 70 angekommen schließe ich alles an, schnaufe kurz durch, packe meine Tochter ins Auto und fahre zum ca. 15 Minuten entfernten Walmart. An einer Linksabbieger Ampel verfehlt uns ein Pick-up relativ knapp. Wo kam der denn auf einmal her? Wird Zeit, dass die Odyssee, die sich an diesem Nachmittag entwickelt hat, ein Ende hat!
Im Walmart braucht die Apothekerin fast 30 Minuten, um das Rezept zu bearbeiten und die Medikamente zusammenzustellen. Wir sind also tatsächlich erst gegen 7 p.m. zurück am Campground.
Meine Frau und mein Sohn haben schon viel gepackt und ich werfe zum letzten Mal den Grill an. Nebenbei setze ich mein neues Camping-Beil ein und spalte 2 Holzscheite. So klappt es auch mit dem letzten Campfire. Der Sonnenuntergang über den Rocky Mountains und dem See direkt an der Campsite ist einer der schönsten des ganzen Urlaubs. Das erleben wir aber nur irgendwie nebenbei, denn unser Kram packt sich nicht von allein.
Gegen 9 p.m. ist alles, was geht, in Koffern und Seesäcken und im Mietwagen verstaut. Der Rest muss morgen früh gemacht werden.
Wir sitzen noch am Feuer, das mein Sohn super am Brennen gehalten hat und atmen erleichtert durch. Hätte schlimmer kommen können…