Heute morgen haben wir etwas mehr Zeit. Unsere erste Führung am Cliff Palace beginnt erst um 11:00. Wir müssen um 10:45 da sein und fahren ca 1 Stunde.
Allerdings müssen wir ja noch zum Shop und klären wie viel unserer Reservierung wir nun schon bezahlt haben. Flo lädt sich dafür noch die Kreditkartenrechnungen herunter, damit wir sie auch offline verfügbar haben. An der Registration finden wir dann gemeinsam raus, dass wir im April zwar alles zahlen wollten/sollten, aber nur eine Nacht abgebucht wurde. Da der Übernachtungspreis zwischenzeitlich etwas gesenkt wurde, müssen wir nun für die zweite Nacht etwas weniger bezahlen. Und so brechen wir auf um zu den Dwellings der Anasazi (also der Vorfahren der heutigen Pueblo Indianer) in Mesa Verde. Wir sind schon die halbe Strecke gefahren, bis wir bemerken, dass wir unser Garmin GPS vergessen haben einzuschalten. Dann wird der Track von heute halt etwas kürzer.
Unsere erste Führung ist gleich das größte Werk der "Cliff Palace". Wir sammeln uns um 10:45 und um 11:00 beginnt dann die Führung mit Ranger John. Schon vom Treffpunkt hat man einen tollen Blick auf die Stadt in der Felswand. Wir werden mehrmals darauf hingewiesen wie hoch wir doch über den Seelevel sind und das die Luft hier sehr dünn ist. In der Tat sind wir hier auf 2500 Meter, doch wir haben uns die letzten Tage ja langsam hier hochgearbeitet. Auf den nun folgenden Fels-Treppen nach unten spüren wir jedenfalls nichts von zusätzlicher Belastung.
Die Felshäuser wurden um ca 1260 gebaut aber schon um 1300 wieder verlassen. Man vermutet, dass die Anasazi überwiegend oben auf der Mesa gelebt haben und von Ackerbau und Jagd gelebt haben. Irgendwann begann man wohl die ersten Felshäuser in die Alcoves der Felswände zu bauen. Hauptsächlich um Nahrung länger lagern zu können. Das bewohnen der Häuser spielte eine untergeordnete Rolle. Es waren auch gar nicht genug Felshäuser da um die Häuser auf dem Plateau aufgeben zu können. Irgendwann war dann aber wohl der letzte Baum abgeholzt und der Boden durch Monokultur so ausgelaugt, dass die Anasazi gezwungen waren ins heutige New Mexico abzuwandern.
Die Führung dauert ca eine Stunde und hat nur 3 Stationen. Man kann auch keins der Häuser betreten, trotzdem ist sie sehr interessant. Wichtig für das Leben der Indianer waren die Kivas. Hierbei handelt es sich um kreisrunde rituelle Löcher im Boden mit einem Durchmesser von ca 5 Metern. Obendrüber wird ein Dach mit einer kleinen Luke gebaut. Sie bildeten die Treffpunkt der Gruppen die hier u.A. Wissensaustausch betrieben. In einer Zeit wo nichts aufgeschrieben war musste das Wissen auswendig gelernt werden. Betreten wurde die Kiva durch eine Leiter und beleuchtet und beheizt wurde sie durch ein kleines Feuer in der Mitte. Die Frischluftzufur an einer Seite wurde durch eine Deflector Wall im Raum verteilt, damit sie nicht direkt ins Feuer gelangte Der Rauch zog über das Einstiegsloch aus.
Auch heute gibt es noch so Zeremonien bei den Pubeblo Indianern, den direkten Nachfahren der Anasazi. Ranger John hat mal teilgenommen. Ein junger Mann rasselt monoton 1 Stunde das Wissen der Gruppe herunter. Das klingt langweilig und auch die Anwesenden scheinen zu dösen. Aber wehe er vergisst auch nur ein Wort reißen alle die Augen auf und korrigieren ihn.
Der Ausstieg aus dem Cliff Palace ist an einer anderen Stelle als der Einstieg. Weil es hier recht eng ist und Gruppen nicht aneinander vorbeikommen ist das ganze System eine Einbahnstraße. Raus geht über steile Steintreppen und Holzleitern am anderen Ende. Man sollte also halbwegs fit und nicht zu dick sein, wenn man wieder rauskommen will. Aber auch hier merken wir die dünne Höhenluft nicht wirklich. Wir fahren nun weiter zum Balcony House wo wir die nächste Führung haben. Doch wir haben noch etwas Zeit und nutzen den Vorteil, dass wir im Gegensatz zu den meisten mit einem RV hier sind. So gibt es erst mal ein Ben&Jerrys Eis.
Am Treffpunkt für die nächste Führung kommen wir mit einem Deutschen ins Gespräch der vor 5 Jahren nach Houston/Texas ausgewandert und nun auf Roadtrip ist. Sowieso fällt es auf, dass relativ viele Deutsche in dieser Führung sind. Das fällt auch unserem Ranger Drew auf, als auf seine Fragen nur recht zögerlich Antworten kommen. Er ist ca 30 Jahre alt und macht im Sommer Führungen in Mesa Verde. Im Winter wenn Mesa Verde geschlossen ist, macht er Ausgrabungen in der Mojave Wüste, wo die Temperaturen dann erträglich sind.
Der Zugang zum Balcony House ist erst mal recht bequem bis man zu einer 10 Meter hohen Leiter ohne Geländer kommt. Bevor es nach oben geht bekommen wir eine "Seep Spring" gezeigt. Wasser was auf dem Plateau im Sandstein versickert trifft hier auf eine dichte Steinschicht und sucht sich seinen Weg nach draußen. Das Wissen über diese Quellen erlaubte es den Indianern auch in trockenen Sommern hier zu überleben.
Anschließend können wir die Leiter erklimmen. In Deutschland wäre eine solche Naturleiter ohne Sicherung sicherlich ein absolutes NoGo, aber die Amerikaner sind da anscheinend recht unempfindlich. Oben gelangt man durch eine recht enge Stelle zu einem kleinen "Platz" wo wir uns sammeln. Eine kleine Steinmauer schützt vor dem runterfallen. Da sie historisch ist, werden wir gebeten sie auf keinen Fall zu berühren.
An dem Platz gibt es zwei Häuser mit jeweils 2 Stockwerken. Die oberen Stockwerke sind über einen Balkon zu erreichen, welche dem Ort seinen Namen gegeben hat.
Die ganze Anlage ist deutlich kleiner als Cliff Palace aber die Aussicht ist hier viel toller und auch hier gibt es sehr interessante Bauten. Dieses Cliff Dwelling wurde wohl als eines der letzten gebaut. Möglicherweise von den letzten Bewohnern der Gegend. Über einen riesigen Stein mit Fußtritten und eine weitere Engstelle kommt man auf den nächsten Platz. Hier gibt es noch ein paar leider nicht mehr gut erhaltene Häuser und zwei Kivas. Drew wird etwas hektisch denn hinter uns komm eine Gruppe von Siebtklässlern und von denen will er auf keinen Fall eingeholt werden. Aber unsere Führung ist nun eh durch. Der Ausgang ist dann für manche noch einmal eine mentale Herausforderung.
Als erstes muss jeder durch einen Tunnel mit ca 50 Zentimetern Durchmesser. Im Vsitor Center gibt es wohl einen Demotunnel wo kräftige Besucher vorher beweisen müssen, dass sie durchpassen. Anschließend muss man eine 20 Meter hohe Felswand empor in die Trittstufen eingeschlagen wurden. Für die Touristen wurden sie zusätzlich mit Zäunen gesichert. Für Menschen mit Höhenangst ist es bestimmt trotzdem nicht ohne.
Da wir noch Zeit haben beschließen wir als nächstes zum "Spruce Tree House" zu fahren. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um ein Baumhaus sondern um das drittgrößte und am besten erhaltene Cliff Dwelling. Der Weg dorthin ist recht bequem. Es sind zwar einige Höhenmeter zu laufen, aber die sind asphaltiert. Es gibt hier keine Führungen, aber es sind immer Ranger vor Ort die aufpassen und Fragen beantworten.
Es gibt eine Art Führungsheft welches erklärt was man sehen kann. Einiges davon ist uns aber nach 2 Führungen auch schon bekannt. Wir treffen hier wieder auf Ranger John. Damit es nicht zu langweilig wird, scheint man über den Tag verteilt verschiedene Dienste zu haben. Das Spruce Tree House ist wirklich toll erhalten und sehr sehenswert. Es fehlt der spektakuläre Zugang und die tolle Aussicht aber dafür gibt es hier viele toll erhaltene Bauwerke. Auch eine Kiva mit Dach ist zu besichtigen.
Als wir wieder am RV sind fahren wir noch den "Mesa Top Loop" ab. Wir halten am "Sun Point View" von wo man sehr viele Felshäuser sehen kann. Hier kann man auch noch mal einen Blick auf den Cliff Palace werfen. Flo holt das Teleobjektiv, damit man die Bauten später nicht in der Felswand suchen muss. Weiter geht es zum "Sun Temple", von dem leider nur noch die Grundmauern stehen. Anschließend fahren wir eine Stunde zurück zum Campground.
Hier halten wir erst mal am Registration Center um die Wäsche in der Laundry zu waschen. Flo ließt im Alcatratz Buch und Ilka in dem über den Grand Canyon. Dann fahren wir die paar Hundert Meter zu unserer Camping Site.
Dabei stoßen wir auf ein großes Rudel Rehe mit 2 Jungtieren und einem Bock die gemütlich die Straßenseite wechseln. Die Camper 50 Meter weiter interessieren sie nicht. Da wir bereits letzte Nacht hier waren finden wir uns schnell zurecht und während Flo ließt löst Ilka ein paar Rätsel in ihrem Buch.
Während Ilka kocht überspielt Flo die Fotos und GPS Daten und tippt anschließend am Tagesbericht.