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Nordamerika im Wohnmobil erleben!

Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [06. + 07.06.2005]

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LaVeHeToHe
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Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [06. + 07.06.2005]
Eckdaten zum Reiseabschnitt

Heute gehts wirklich los, noch gestern abend haben wir unsere Fotoausrüstung und den Wanderrucksack geschnürt. Mein Mann schleppt die DSLR-Ausrüstung und einen Schlafsack (ca 18kg), ich den großen Wanderrucksack mit Zelt, Isomatten, Wasser, Essen etc...(ca. 16kg)

Um 5:00 klingelt der Wecker und kurz drauf stehen wir am Parkplatz, schließen unser WoMo gut ab (es muss ja 2 Nächte ohne uns aushalten) und laufen den tollen Weg zum Kinney Lake hoch. Zwei Mountainbiker warnen uns vor einem Schwarzbären, der den Weg unsicher macht, die beiden sind lieber umgedreht. Sollte das schon das AUS für unsere Wanderung sein? Wir laufen ängstlich weiter. Kein Bär, nur frische poopoo am Kinney Lake.

Leider ist es echt SEHR kalt und nebelig. Daher ist der Kinney Lake auch noch nicht so verlockend zum ablichten, aber dort gibts die erste große Pause und ein zweites Frühstück.

Hier entstand auch das einzige Foto in diesen Tagen:

Wir umrunden den Kinney Lake und kommen dann auf das große Schwemmgebiet dahinter, viele Rinnsale speisen diesen tollen See.

Und dann geht es los, nur noch bergauf, bei nasskaltem Wetter, nach 10km fängt es noch an zu nieseln, es windet und trotz Regenausrüstung sind wir bald nass und ausgekühlt, das Wetter zehrt echt an der Kraft. Doch wir Dummbeutel laufen immer weiter.

Teils geht es durch loses Geröll, rechs Abhang, links Bergflanke. Die Wege waren auch nicht ganz so gut wie im VC behauptet, mehrmals mussten wir uns durch Schneereste kämpfen und in einer Schneeschmelzwassersammelebene (wisst ihr was ich meine?) mussten wir improvisieren und Steine schleppen um Übergänge zu bauen.

Dass wir keine Muße zum fotographieren haben, denkt ihr euch jetzt gewiss schon...

Die tollen Wasserfälle konnten uns auch nicht mehr aufmuntern, der angepeilte CG Emperor Falls war wie ein Kühlschrank, direkt am reißenden Fluss, alles voller Gischt zum Regen noch dazu.

Wir konnten zwar nicht mehr, aber hier konnten wir unmöglich bleiben! Also schleppten wir uns weiter zum Marmot Camp, wo wie erwartet wegen dem schlechten Wetter nix los war. Dafür gabs nen Gartenzwerg devil

Völlig fertig bauten wir das Zelt auf und verkrochen uns erst einmal. Doch mir ging es immer schlechter, mir wurde kälter statt wärmer, so sehr mein Mann sich auch bemühte mich warm zu bekommen (nicht, was ihr jetzt denkt!!! cheeky) als er merkte, dass ich noch die klammen Klamotten anhatte, hat er ordentlich mit mir geschimpft. Also raus aus den nassen Sachen und so in den Schlafsack und schon wurde es besser! Keine Ahnung beim wievielten Kilometer ich mein Hirn abgegeben habe, ich habs jedenfalls nicht bemerkt blush

Nach einer Stunde Aufwärmen wurde auch der Regen weniger und wir kamen wieder rausgekrabbelt, doch zu mehr als unsere Site Bärensicher zu machen waren wir nicht fähig. (Bärensicher hieß hier alles einpacken und an einen vergesehen Baum an ein Tau hängen und hochziehen!)

Eine Besichtigung des Berg Lakes, in den wohl ab und an der Gletscher des Mt. Robsn kalbt war nicht mehr drin, wir sind nach ein paar Energieriegeln eingeschlafen.

Nachts hören wir einmal ein heftiges Krachen, gefolgt von einem Platsch! Morgen gibt es wohl einen neuen Eisberg im See!

Wir schlafen...

Plötzlich werden wir beide wach, ein Schnaufen und Scharren direkt am Zelt. Langsame schwere Schritte schleichen um uns herum, ich schließe mit meinem Leben ab... Ich habe noch nie so viel Schiss gehabt im Leben!!!

Doch dann drängelt sich etwas unter der Abspannung unseres Vorzeltes rein (kann kein Bär sein, uff, viel zu eng! aber was ist es dann?) und schnuffelt dort herum. Wie im Film schnappe ich mir die Taschenlampe.... Batterie leer... im Dunkeln neue Batterien gesucht und gewechselt, möglichst leise, um das "Vieh" nicht zu vertreiben, was uns eben noch so Angst gemacht hat. Dann "klassisch" Lampe an: Total geblendet, weil ich natürlich das Fliegengitter anstrahle und das Licht dahinter nicht wirklich was erhellt.

Schnell das Fliegengitter auf und dem flüchtenden Eindringlich auf den stacheligen Rücken geleuchtet... hmmm, war das ein Stachelschwein???

Da ruft schon mein Mann: "He, der Sack hat meinen Schuh!!!" und tatsächlich sehe ich noch einen Schnippel vom Schnürsenkel aus dem Vorzelt verschwinden! Leute, denkt an meine Warnung: egal wie die Schuhe stinken, nehmt sie mit ins Zelt!!!

Wir haben Glück und unser Gast verliert das Interesse am Schuh und lässt ihn vor dem Zelt zurück. Wie mein Mann mit nur einem Schuh wieder vom Berg runtergekommen wäre ist mir bis heute ein Rätsel, Handy hatten wir keines dabei und sonst war auch keiner hier unterwegs. Aus der Isomatte und den Zeltschnüren etwas basteln? Ich möchte gar nicht drüber nachdenken...

 

Irgendwann schlafen wir wieder ein...

Früh morgens stapft noch ein schmatzender Zeitgenosse am Zelt vorbei, die Schuhe sind jetzt bei uns, wir bleiben gelassen surprise

Gegen 5:00 sind wir dann endgültig wach, es hat die ganze Nacht geregnet, das Zelt ist pitschnass. So gut es geht packen wir die Ausrüstung im Zelt zusammen (lustig im ultraleichten 2Person Geodät!) und da hört es doch tatsächlich auf zu regnen!

Also raus und gestreckt, und oh Schreck! Die Schuhe von meinem Mann sind ANGENAGT! Hoffentlich hälts bis wir unten sind, denn nach der Nacht haben wir beschlossen, dass wir aufgeben cryingcryingcrying

Die bärensicheren Sachen noch geholt, Katzenwäsche und ab!

Und ich kann euch sagen, runter war schlimmer als hoch, obwohl wir heute besseres Wetter haben, trocken zumindest! Aber kalt und windig noch immer. Erst ab dem hinteren Ende vom Kinney Lake sogar sonnig und heiß!

Glitschige Geröllhaufen, steile Kraxelei, eine einzige Tortour für mich.

Kurz vorm Kinney Lake Campground möchte ich gerne sterben, wir machen uns mit Chemietabletten frisches Wasser, das mag zwar ungefährlich sein, scheckt jedoch zum kotzen...Mein Schatz kümmert sich um mich, und Meter um Meter kommen wir voran und am Campground machen wir eine laaaange Pause. Lustigerweise geht es ab da wieder, schließlich sind hier jetzt immer mehr Leute unterwegs, die uns alle ansprechen: "Wart ihr etwa  ganz oben?" und uns mit großen Augen anstarrten, als wären wir Helden! Na wenn die wüssten.

Trotzdem gibt mir das genug Kraft für den Abstieg. Auf dem gemütlichen Weg vom Kinney Lake zum Parkplatz kommt uns ein übermütiger Ami in Turnschuhen, kurzen Hosen und T-Shirt mit einer großen Flasche Wasser entgegen und fragt uns aus, wie weit es denn noch bis zum Berg Lake sei und ob er das denn heute hin und zurück schaffen könne? surprisesurprisesurprise

öhm... NEIN! keine Ahnung, wie fit der ist, seine Ausrüstung ist jedenfalls mangelhaft, Turnschuhe sind NICHT zu empfehlen. Wir unterhalten uns trotzdem prächtig, denkt ER jedenfalls, anscheinend merkt er nicht, wie ich sehnsüchtig auf seine Flasche voller glitzerndem klaren kalten leckerem Wasser starre, und dass wir vor Erschöpfung fast aus den Latschen kippen bekommt er wohl auch nicht mit. Irgendwann zieht er weiter, wir schütteln nur den Kopf und freuen uns auf ein kaltes Rootbeer im Van!

Der hat brav auf uns gewartet und verwöhnt unsere geschundenen Körper mit Kaltgetränken und einer Matratze.

Wir machen lange Pause und dann fahren wir (in Badelatschen!) ins Visitor Center, melden uns zurück und brausen weiter zur nächsten Dusche, und die gab es in Clearwater...

 

Ja spinnen die denn fragt ihr euch jetzt? wieso denn noch die150 Meilen bis Clearwater? Keine Ahnung, da wollten wir eh hin, da kannten wir eine gute heiße Dusche im Dutch Lake Resort und wir konnten auf gepolsterten Stühlen sitzen und den Tempomaten arbeiten lassen...

 

Fazit der letzten beiden Tage:

Wahrscheinlich war es nicht nur das schlechte Wetter, dass uns so zu schaffen gemacht hat, auch der allgemeine Fitnesslevel war wohl nicht hoch genug, statt der Fotoausrüstung (15kg inkl Fotorucksack) hätten wir das restliche Gepäck lieber aufteilen sollen, so dass jeder nur 10-12 kg trägt. Und das Höhenprofil der Wanderung hätten wir auch besser studieren sollen, es geht zwar Netto 800 Höhenmeter bergauf, doch zwischendrin auch immer mal wieder ein bisschen runter, insgesamt sind es also mehr Steigungsmeter. Wie ihr jetzt merkt haben wir also wenig Erfahrung mit "Bergwandern".

Alles in allem eine Erfahrung, die ich nie im Leben missen will, so anstrengend es auch war. Das ist eine Geschichte, die ich wohl noch den Enkeln erzählen werde! wink

Liebe Grüße

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Verena

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Didi
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Beigetreten: 25.08.2009 - 23:52
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RE: Reisebericht: Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [0

Hallo Verena,

das hört sich nach Abenteuer pur an - mit Tierbegegnungen der besonderen Art :!!

spannend geschrieben und mit Tipps für Nachahmer, vielen Dank für den kurzweiligen Bericht.

Liebe Grüße
   Didi
Präsident des Vereins Abenteuer Wohnmobil

Man muss Träume auch mal in die Tat umsetzen, ansonsten bleiben es Träume

Trakki
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Beigetreten: 24.11.2011 - 17:05
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RE: Reisebericht: Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [0

Liebe Verena,

was für ein Abenteuersurpriseund so bildhaft beschrieben, ich habe richtig mitgelitten. Toll wie du das nach all den Jahren noch so plastisch beschreiben kannst. Deine Enkel können sich später mal über den Bericht freuenwink.

Herzliche Grüße

Sonja
 

Trakki.Reisen

JoMel
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Beigetreten: 12.01.2014 - 17:06
Beiträge: 1771
RE: Reisebericht: Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [0

Hallo Verena,

bisher euer "bester Tag". Sicher nicht unbedingt für euch nach euren Erlebnissen. Aber ganz sicher für jeden der deinen Bericht liest. So wie du schreibst fiebert man jede Sekunde mit.

Schade dass es letztendlich nicht geklappt hat, dafür war`s ein Tag den ihr so bestimmt nie wieder vergesst.

 

Viele Grüße, Jörg

 

Viele Grüße, Jörg

 

Impressionen aus Nordamerika

Wolfsspur
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Beigetreten: 07.06.2013 - 21:38
Beiträge: 7403
RE: Reisebericht: Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [0

Wow, Verena, 

was für 2 Tage! Wirklich spannend geschrieben :!! ... Wir lieben ja auch die etwas "anspruchsvolleren" Wanderungen abseits der Tourimassen, aber ich glaub, da wäre ich im Zelt gestorben vor Angst ;-) Ich find es gut, dass ihr am nächsten Tag umgedreht seid - ein außergewöhnliches Erlebnis ist es ja trotzdem und ihr werdet das bestimmt nicht vergessen...

Liebe Grüße,
Ulli

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Chris
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Beigetreten: 05.02.2011 - 19:27
Beiträge: 2155
RE: Reisebericht: Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [0

Hallo Verena,

das nenne ich Abenteuer pur, dass Du sehr spannend beschrieben hast. Auf jeden Fall seit Ihr um eine Erfahrung reicher geworden. Vielleicht klappt es noch ein anderes Mal, wenn das Wetter besser ist. Ihr wißt ja nun, was Euch erwartet. 

Liebe Grüsse

Christine
Scout Womo-Abenteuer.de

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RioBine
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Beigetreten: 06.01.2012 - 22:02
Beiträge: 2211
RE: Reisebericht: Tag 13 & 14 - Berg Lake Trail am Mt. Robson [0

Hallo Verena,

was fuer ein Abenteuer!

Bildlich kann ich es mir sehr gut vorstellen, denn der Kinney Lake gehoerte fuer mich zu einer der schoensten Ecken der Kanada Reise in 2011. Damals aber noch bei Traumwetterchen. Wir hatten geplant, am naechsten Tag einen Teil des Berg Lake Trails zu laufen (ohne oben zu campen), aber fuer diesen Tag hatte man schlechteres Wetter vorausgesagt. Also sind wir weiter bis Clearwater und in den Wells Gray gefahren und haben dort den Regen abgesessen, bei Kakao & Rum im warmen Womo. 

Ich stelle mir nun gerade vor, was gewesen waere, wenn wir den Trail doch gelaufen waeren....

Es war von euch eine gute Entscheidung abzubrechen, auch wenn recht spaet. Dieser Tag wird euch ewig in Erinnerung bleiben!

Liebe Gruesse aus dem suedlichen Amerika,

Bine + Dieter