Da sich auch über Nacht nichts am Zustand unseres Sohnes besserte, beschlossen wir ein Spital aufzusuchen, um die Bauchschmerzen erstmal abklären zu lassen. Vorher fanden wir allerdings auf der Windschutzscheibe des geparkten Campers einen Strafzettel vor. Warum wussten wir nicht, der Parkstreifen war spärlich besetzt und weit und breit keine Verbotstafel in Sicht. Also suchten wir erst einmal eine Polizeistation auf, um die Umstände zu klären und das Ticket zu bezahlen. Die freundliche Frau an der Station erklärte uns, dass es in Kanada (und den USA) verboten ist gegen die Fahrtrichtung zu parken. Das musste es wohl gewesen sein, da wir vorzogen unser Wohnmobil lieber auf die Gehwegseite der Wohnstraße zu stellen und das lange Ungetüm nicht mehr wenden wollten. Wir beglichen reumütig die 65 Dollar und gelobten Besserung.
Weiter ging es nun zum Healthcare Centre, um unserem Sohn zu helfen. Die Dame an der Reception meinte, da müssten wir schon 800 Dollar in bar auf den Tisch blättern, wenn ein Arzt seinen Hintern heben und sich das ansehen sollte. Sie redete noch lange mit meiner Frau, gab einige – unentgeltliche – Tipps und meinte schließlich wir sollten doch lieber zuwarten, denn ohne Fieber höre sich das noch nicht so dramatisch an und wir könnten ja im Notfall wiederkommen. Also zogen wir unverrichteter Dinge ab, zurück ins Hotel, der Patient legte sich schlafen und wir drei Übrigen machten uns fertig für die Stadt, besuchten die Cafés und Souvenirläden, erstanden Medizin und genossen Süßigkeiten. Mittlerweile hatte sich der angekündigte Regen doch etwas ausgebreitet, da war der Stadtbummel genau das Richtige.
Am Nachmittag hielten wir Eltern es in der Hotelanlage nicht mehr aus (die Jungs hatten ja ihr WLAN), so packten wir den Regenschirm und brachen auf, zu einem Spaziergang durch den Wald beim nahe gelegenen Pyramid Lake. Der Wald rund um Jasper scheint arg von der Natur in Mitleidenschaft genommen zu sein. Ein geschätztes Drittel der Waldfläche ist vom Borkenkäfer befallen und blickt in düsterem braun von den Berghängen herab. An den Infoständen in der Stadt sind die Ranger schwer bemüht Touristen über die Ausbreitung des Borkenkäfers aufzuklären. Aber trotz aller Naturkunde, ein beruhigender Anblick sind die verdorrten Bäume trotzdem nicht.
Der Wald beim Pyramid Lake war bei unserem Besuch zum Glück vom Borkenkäfer bisher verschont geblieben. Wir fühlten uns wie zu Hause, außer dass die Bearbell uns ständig daran erinnerte, dass ein Grizzly bei nächster Gelegenheit um die Ecke schleichen könnte. Er tat es aber nicht, dafür kreuzte ein Wapiti gemütlich äsend etwa 5 m von uns entfernt den Waldweg und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Scheu sind die Wildtiere Kanadas jedenfalls nicht.
Wapiti vom Pyramid Lake