Campground: Fishing Bridge.Yellowstone ist viel voller, als ich angenommen habe. Campgrounds zu bekommen, ist nicht so einfach. Deshalb bleiben wir einen Tag länger auf dem Fishing Bridge Campground. Der ist zwar relativ eng, ist aber der einzige Ort im Park mit Full Hook Up und liegt für viele Ausflüge sehr günstig.
Nachdem wir an den ersten Tagen mit wilder Fauna nicht verwöhnt wurden, gab es heute die volle Ladung. Auf dem Weg in Richtung Yellowstone Canyon haben wir unseren ersten Bären des Urlaubs gesehen.
Mit fiel die Wuhling auf einem Parkplatz an der Straße auf und wir scherten kurzerhand aus. Tatsächlich: Da lief ein Grizzly über die Lichtung, fröbelte an Baumstämmen herum und schubberte sich hinterher ausgiebig den Rücken an einem Telefonmast. Die Aufregung unter den Zuschauern war groß, auch bei mir. So ein Tier nicht weit entfernt zu sehen, ist echt ein Erlebnis der besonderen Art.
Nur wenig später zogen wir an einer kompletten Bison-Herde vorbei. Bisons sind jedes Jahr für eine Reihe von Todesfällen verantwortlich, weil Touristen fälschlicherweise davon ausgehen, das Pflanzenfresser per se friedlich sind. Dabei können die Viecher fast 50km/h laufen und wiegen hunderte von Kilos. Rück einem Bison zu dicht auf die Pelle und er macht dich innerhalb von Sekunden zu einem Schadensfall in deiner Lebensversicherung. Was einige Mutige nicht davon abhielt, für einen coolen Schnappschuss recht nahe zu rücken. Mit ein wenig mehr Glück hätte ich mir als BILD-Leserreporter ein schönes Taschengeld verdienen können.
Unser erstes Ziel für den Tag war der „Mud Volcano“-Trail. Das ist eine kurze Tour um eine Gegend mit spektakulären Heißwasserfontänen, Schlammtöpfen, Fumarolen und einem Schlammvulkan, die bis 1978 ein friedlicher, bewaldeter Hügel war und dann durch eine Reihe von Erdbeben und darauf folgende Ausbrüche von heißen Quellen umdekoriert wurde.
Das Gebilde hinter mir nennt sich „Dragon Mouth“ und es blubbert und grollt bestialisch aus der Höhlenöffnung. Das iPad habe ich dabei, weil auf dem Gelände gleich zwei Geocaches liegen, die ich beide geloggt habe. Natürlich.
Von dort aus ging es zum Grand Canyon of Yellowstone und unter der Führung eines Rangers machten wir eine Exkursion vom Upper Fall den Südrand des Canyons entlang bis zum Lower Fall
Auch wenn wir schon ganz schön abgebrüht sind, das hat uns alle beeindruckt. Während ein normaler Canyon über Jahrmillionen aus dem Stein geknabbert wird, ist dieser innerhalb einer kurzen Zeit entstanden, die Schätzungen schwanken zwischen zwei Tagen und 500 Jahren. Gegen Ende der Eiszeit, als Yellowstone unter einem etwa 1000m(!) dicken Eispanzer lag und der zu schmelzen begann, hat sich hier ein Eisdamm gebildet, hinter dem sich schmelzendes Eis staute. Solange, bis das durch die thermischen Aktivitäten und zahlreichen Kanäle geschwächte Gestein unter der Belastung zerbröselte und sich in einem brutalstmöglichen Naturereignis der Canyon bildete. An den Seitenwänden des Canyons kann man noch die Spuren der Heisswasser- und Magma-Kanäle sehen.
Nach der Exkursion sind wir über den Uncle-Tom-Trail herunter zum Fuß des Lower Falls geklettert. Der bestand ursprünglich (zu Zeiten des Namensgebers) aus Holzleitern, Seilen und Ketten, ist aber inzwischen durch eine Treppenkonstruktion von 328 Stufen ersetzt worden, die ¾ der Strecke bis zum Canyon-Boden abdeckt. Als wir am Ende von Uncle Tom’s Trail auf der Aussichtsplattform standen und den Lower Yosemite Fall fotografierten, war neben dem Wasserfall meine entzückende Tochter der Star der zahlreichen chinesischen Touristen um uns herum. Es ist mir schon vor einigen Jahren aufgefallen, als wir Schloss Neuschwanstein besichtigten: Chinesen scheinen es zu lieben, Sehenswürdigkeiten mit Lotte im Vordergrund zu fotografieren. Ein blondes Mädchen ist so wundersam exotisch, das der Wert des Fotos damit erhöht wird.
Von diesem Punkt hat man einen wunderbaren Blick über den Canyon bis zum Lower Fall. Nachdem der Tag sonnig und freundlich war, war es inzwischen stürmisch und regnerisch geworden. Das Wetter passte zur Landschaft, beides war wild und großartig. Ich stand im Wind, stemmte meine Hände auf den Rand der Plattform und erlebte einen magischen Augenblick. Ich lies mich vom Wind zersausen und während der Regen auf mich einprasselte, war ich ganz im Einklang mit der Welt um mich herum und lachte vor Freude.