Die erste Nacht schlummern wir friedlich, wachen mit der Morgendämmerung auf und testen sogleich die Womo-Dusche. In unseren ersten Jahren habe ich gern die „Facilities“ auf den Campgrounds ausprobiert, bin aber dann mehr und mehr dazu übergegangen, die Nasszelle im RV zu nutzen. Nicht nur der teils kühle Weg über den Platz entfällt mit der zusätzlichen Gefahr noch einmal umkehren zu müssen, weil man z. B. sein Handtuch vergessen hat *hust*, sondern auch das Getier ist deutlich weniger. Ein Erlebnis in Gardiner im Norden des Yellowstone war dabei sehr eindrücklich, als ein Ruckeln am Duschvorhang zwei nicht gerade kleine achtbeinige Wesen zutage gefördert hat.
Da lobe ich mir doch unsere Womoline, die in diesem Jahr eine smarte „Einrolllösung“ des festen Duschvorhangs parat hatte.
Learnings des ersten Morgens:
- Ab heute Abend „unterstützen“ wir den dünnen Klettvorhang für die Fahrerkabine mit unserer stilechten Football-Picknickdecke, um etwas mehr Privatsphäre zu schaffen. Bei Licht in der Womoline kann man einfach alles sehen J
- „Marine“-Duschen (nass machen, Wasser aus und komplett einseifen, abspülen) muss man erst wieder lernen brrr.
- Kaffee schmeckt auch aus Gläsern (Traditionell schaffen wir uns im ersten Nationalpark zwei große Becher an).
Gestärkt mit einem leckeren Frühstück mit Rührei, Bagel und O-Saft trauen wir uns nach draußen, wo uns ein klarer Himmel erwartet und wir uns auf die Möglichkeit freuen, nach Walen von dem hochgelegen CG aus Ausschau zu halten. Wir spazieren zum Picknickbereich, den wir gestern beim Rückweg vom Strand überquert hatten, und sehen … nichts. Kalifornischer Küstennebel – da bist du ja!
Wir lassen uns jedoch nicht entmutigen, warten ein bisschen und nach und nach dringen immer mehr Sonnenstrahlen durch den Dunst. Es ist ein unglaubliches Naturschauspiel, wie die Nebelmassen langsam vom Festland hinaus auf den Ozean rollen und immer mehr Details freigeben. Die andächtige Stimmung wird nur durch eine Familie von „Gubbels“, wie ich sie getauft habe, durchbrochen, die emsig nach Nahrung picken, von A nach B wetzen und dabei eben gubbelnde Laute von sich geben. Einen Wal sehen wir leider nicht.
Nach einer guten Stunde reißen wir uns los und machen die Womoline erstmalig abfahrbereit. Die Auffahrkeile, die bei El Monte dabei sind, waren bereits hier Gold wert. Heute steht ein kurzer Trip von 67 Meilen zum kleinen Pinnacles NP an. Bei der Recherche zu Nordkalifornien war ich über die schönen Bilder der knackigen Wanderwege zwischen den Pinnacles gestolpert, die uns zwischen dem vielen Grün zumindest einen kurzen „rote Steine“- Geschmack bescheren sollten.
Die Strecke zog sich dann überraschend. Die vielen Kurven und auch das wellige Terrain führten dazu, dass wir nur langsam voran kamen und uns mehrfach beglückwünschten so früh unterwegs zu sein. Mit viel Gegenverkehr und den aufgrund des Bewuchses unübersichtlichen Kurven hätte das eine viel unentspanntere Fahrt werden können. Wir schlängelten uns durch die typischen kalifornischen Hügel mit gelbgrünem Farbenspiel und bogen dann in Richtung des NP ab. Das Rangerhäuschen am Eingang war besetzt, wir kauften den diesjährigen America the Beautiful Pass und quatschten ein bisschen mit der Rangerin bezüglich der Parkmöglichkeiten an der Bear Gulch Day Use Area.
Plan A war, wenn irgendwie möglich die Womoline dort abzustellen, zu unserer Wanderung aufzubrechen und auf dem Rückweg dann die vorgebuchte Site im Pinnacles CG am Parkeingang zu belegen. Bei Plan B wären wir vom CG aus zum Teailhead gelaufen, ein recht mühsames Unterfangen bei den hier herrschenden Temperaturen mit mehr als 2 Meilen zusätzlich pro Teilstück.<
Laut Rangerin sei noch nicht zu viel Betrieb im Park, so dass wir den direkten Weg zur Bear Gulch wagten und unsere Womoline vorsichtig in eine Parklücke bugsierten und das Heck dabei über die Steinbegrenzung hängen ließen. 25 Feet haben so gerabe eben gepasst, mit einem längeren Womo wäre insbesondere das ausparken hinterher kaum möglich gewesen.
Erstmalig in diesem Urlaub füllten wir unsere Trinkschläuche und schnürten unsere Wanderschuhe. Eine schöne Runde von ca. 6 Meilen über den Condor Gulch Trail, den High Peaks Trail und dann über den Rim Trail durch die Bear Gulch stand an und versprach eine schöne Kombination aus Naturbeobachtungen und interessantem Wandern mit leichten Klettereinlagen.
Kaum in der Sonne lief einem der Schweiß bereits den Rücken runter – man war das heiß hier und mittlerweile ging es auf Mittag zu. Der Männe runzelte beim Anblick des Hitze-Warnschildes skeptisch die Stirn, doch ich, mit den tollen Bildern des High Peak Trails im Kopf und mit ordentlichem Vorrat an Wasser, Powerade und Nüssen ausgestattet, tat seine Bedenken ab und stapfte voran. Die erste Meile ging gut von der Hand, Schattenstellen gab es immer wieder und wir legten eine etwas längere Pause beim Overlook ein und suchten nach den Kondoren, die dem Trail ihren Namen geben. Nach dem Overlook folgte dann ein stetiger Anstieg in der ungeschützten prallen Mittagssonne, womit mein Kreislauf nach einer Weile gar nicht einverstanden war. Die Dizzyness nahm zu und ich zog die Reißleine, beorderte den Männe, der ein paar Meter vorauslief, zurück und wir machten uns auf den Rückweg in Richtung Schatten.
Im Nachhinein betrachtet wäre der Anstieg in wenigen 100 Metern vorbei gewesen und wir hätten die Chance auf eine geschützte Pause gehabt. Doch zu dem Zeitpunkt war ich mir ob der Streckenführung unsicher und wollte gerade zu Beginn des Urlaubs kein Risiko eingehen. Trotz unserer Erfahrung auch von längeren Wanderungen im Südwesten hatte ich die Hitze unterschätzt – schade, um den schönen Trail.
Nach einer Pause im Schatten am Overlook liefen wir zurück zur Womoline, setzen uns hinein und erfrischten uns mit kalten Getränken aus dem Kühlschrank (ein Hoch auf das fahrende zu Hause). Mein Körper kühlte runter und so machte wir uns kurze Zeit später wieder auf den Weg, um zumindest den Bear Gulch Cave Trail und das Reservoir zu erkunden.
Mit den Farben und interessanten Formen der Pinnacles ist dieser Park ein wirklich schönes Kleinod. Über eine steile Treppe ging es dann hinein in die Höhlen, aufgeteilt in Upper und Lower Caves. Je nach Jahreszeit und in Abhängigkeit von den Brutzeiten der dort ansässigen Fledermäuse sind Teile des Bereichs geöffnet. Wo wir uns nun genau bewegt haben, können wir im Nachgang gar nicht so genau sagen. Trotz Pfeilen war die Wegfindung abenteuerlich J Mit Stirnlampen ausgestattet wuselten wir durch die Steine und genossen die besondere Atmosphäre und feuchte Kühle. Viel zu schnell waren wir wieder draußen, zurück auf dem Parkplatz und düsten mit der Womoline zu unserer Site.
Selten habe ich für einen Platz in einem NP so viel Geld bezahlt wie hier, fast 80 $ mit Stromanschluss. Da es in der Nähe keine Alternativen gibt, habe ich, als ein Platz frei wurde, direkt reserviert. Unter der Woche kann man wohl auch spontan kommen, am Wochenende ist hier jedoch einiges los.
Die Site selbst war schön, wirklich groß und mit einem schönen alten Baum direkt angrenzend. Wir genossen nach dem Check-In im Campground Store einen faulen Nachmittag mit lesen und den ersten Wraps des Urlaubs.
Je näher der Abend rückte, umso häufiger knirschte und lärmte es jedoch in dem eben beschriebenen Baum. Irgendwann so laut, dass einige Nachbarn und auch wir die Köpfe zusammensteckten und darüber philosophierten, was diesen Lärm wohl verursachen würde - Waschbären? Als sich dann ein Ast bedrohlich um ein paar Zentimeter neigte, war klar, dass der Lärm nicht von irgendwelchen Tieren kam, sondern der Baum selbst ein Knirschkonzert veranstaltete.
Wir und die Nachbarn auf der anderen Seite wurden ziemlich flott und während wir unsere Womoline am äußeren Rand unserer Site platzierten und so gerade eben aus der Gefahrenzone waren, wechselten unsere Nachbarn, die direkt unter diesem Baum standen, zu anderen Campern mit auf die Site.
Puh … einen Dachschaden braucht es in den USA nun wirklich nicht. Ein aufregender Ausklang passend zu einem ereignisreichen Tag, der in der Nacht noch von Blitz und Donner in der Ferne gekrönt wurde. Morgen geht es schon wieder weiter Richtung Sierra Nevada!
Lieben Gruß
Annika
Hallo Annika,
wirklich tolle erste Tage hattet ihr - genau nach unserem Geschmack und wie wir es handhaben. Auch wir nutzen ausschließlich das Bad im Womo und nie auf den Campgrounds - schön zu lesen dass das auch andere machen :D
Bin gespannt was ihr sonst noch erlebt habt und freue mich auf den Bericht der weiteren Tage
Grüße
Rebecca
Moin Rebecca,
schön, dass du mitfährst! Ab und an lockt mich dann doch eine besonders schöne Campground-Dusche durchgehend warmes Wasser, wo man mal ohne Stress eine Haarspülung nutzen kann, ist schon auch was Feines. Deshalb inspiziere ich eigentlich immer kurz die Sanitäranlagen, damit ich "nichts verpasse". Im Kodachrome SP z. B. war es traumhaft und auch einige private CGs wie das Yanks RV Resort, auf dem wir bei unserer ersten Womo-Tour in 2017 aufgrund des gesperrten Highway 1 gestrandet sind, waren klasse.
Meist habe ich jedoch auch das Glück, genau dann mit meinem Waschkrams loszuziehen, wenn die Sanitärgebäude gerade gesäubert werden und ich unverrichteter Dinge wieder abziehen muss ... das gilt übrigens auch für die Laundry. Hab ich wohl ein Händchen für
Lieben Gruß
Annika
Hi Annika,
wunderbar, eure Erlebnisse - und auch solche mit Abbrechen und Umkehren gehören dazu!
Freue mich auf weitere Abenteuer,
LG Inga