Unsere Route heute: Devil's Lake, Parfrey's Glen, Ferry Bluff und zurück nach Vernon Hills bei Chicago
Schon ordentlich gerädert gehen wir alle um 8 Uhr wieder duschen und tragen dann unsere Sitzbank in den Schatten eines großen Baumes fürs Frühstück. Da der Tag heute nur eine minimale Abkühlung bringen soll (37 statt 38 Grad), beschließen wir, eine Nacht früher als geplant nach Chicago zurückzukehren und keine weitere Nacht in unserem WoMo zu ertragen. Unsere Gast(geber)familie ist absolut easy damit, erfahren wir übers Handy. Den heutigen Tag wollen wir aber noch in der Gegend des Devil’s Lake bleiben, das ist zumindest meine Bedingung an die Familie, wenn ich schon eine Reservierung verfallen lasse. Als erstes Ziel heute Vormittag habe ich Parfrey’s Glen ausgesucht, eine kleine Schluchtenwanderung von 1,2 Meilen etwa eine Viertelstunde Fahrt von hier entfernt. Die kleine Nature Area ist die älteste überhaupt im Bundesstaat, und auf dem Parkplatz ist nichts los, als wir eintreffen. Der Weg führt uns an einem kleinen klaren Bach entlang in den Wald, in den man an mehreren Stellen mit den Füßen hineinkann, um sich abzukühlen. Dabei fallen uns haufenweise komische kleine Würmer auf, die sich auf den Steinen sonnen. Was die wohl mal werden wollen, außer Vogelfutter?
Füße kühlen im Bach und sich sonnende Würmer
Nach einer Weile wollen Taavi, Toni und Ina nicht mehr weiter und nur Leslie und ich steigen weiter auf. Plötzlich wird die Schlucht enger und kühler, die Felswände werden höher und der befestigte Weg endet im Wasser. Wir haben Wassersandalen an und genießen den folgenden Abschnitt total, über Steine klettern und im Wasser laufen, das klar und kühl über die Füße plätschert. Es gibt Überhänge und manchmal liegen große Boulder im Weg, um die man einen Weg herum finden muss. Was für eine herrliche Alternative an einem Hitzetag wie heute! Am Ende des nicht langen Weges befindet sich ein 2 Meter hoher Wasserfall und ein knöcheltiefer See, an dem wir zwei andere Wandersleute treffen. Abgesehen davon ist es hier sehr einsam, zumindest bis wir auf dem Weg zurück den Rest unserer Familie wiedertreffen.
Parfrey's Glen: die Wände werden langsam höher
Und die Wanderung verlegt sich in den Bach hinein
Ein bisschen Klettern ist auch dabei. Im Glen wird es angenehm kühl(er). Am Ende steht der (sehr) kleine Wasserfall.
Alle haben nochmal Lust auf Schwimmen, daher fahren wir nochmal 10 Minuten zurück und diesmal zum South Shore des Devil’s Lake, der zwar auch groß angelegt, aber doch deutlich weniger frequentiert ist als der Hauptstrand im Norden. Bevor wir baden, setzen wir uns noch in einen überdachten Pavillon und machen einen Sandwich Lunch. Der Sandstrand ist punktuell etwas steiniger und im Wasser geht es schneller in die Tiefe, aber das Baden selbst tut total gut und die Szenerie des Devil’s Lake ist auch hier sehr nett.
Devil's Lake, South Shore: Nochmal richtig schön baden und dann Abreise
Es hätte einige tolle Wanderungen auf den Höhen rings um den See gegeben, aber das ist bei diesem Wetter leider nicht umsetzbar. Insgesamt ist das Klima aber schon deutlich erträglicher als gestern, vielleicht weil die Schwüle etwas zurückgegangen ist. Um 14 Uhr ist es Zeit weiterzuziehen, und einen Stopp auf der Rückfahrt Richtung Chicago möchte ich noch machen: am Ferry Bluff am Wisconsin River. Das ist ein Umweg von vielleicht einer Viertelstunde gegenüber der direkten Route. Den Abzweiger in die Stichstraße zum Bluff verpassen wir beinahe, weil es eine eher unscheinbare Gravel Road ist, die wir noch eine Meile lang fahren müssen. Am Ende der Straße liegt ein kleiner Parkplatz, auf dem noch drei andere Autos stehen. Mit dem WoMo sprengen wir hier fast die Dimensionen und stellen uns ganz eng an den Rand. Eine Hinweistafel zeigt uns einen 0.9 Meilen langen Weg auf, der hoch zum Bluff führt. Unterhalb fließt träge ein kleiner Fluss, der zum großen Wisconsin River führt, den man 50 Meter weiter schon sehen kann. Ina, Taavi und Toni bleiben gleich hier, und Leslie geht mit mir den kurzen Trail hinauf zum Aussichtsfelsen. Und die Aussicht hat es in sich, das ist großes Kino! Freie Sicht auf den natürlich fließenden, unverbauten (die Amerikaner sagen „undeveloped“) Wisconsin River, der sich dem Mississippi entgegenschlängelt. Ein älteres Pärchen ist auch hier oben und der Mann sagt, dies sei eine der Top 5 Vistas in Wisconsin, und glücklicherweise würden nur wenige diesen Spot kennen. Wir machen gegenseitig Fotos und können uns kaum sattsehen an dieser Aussicht.
Ferry Bluff: Fabelhafte Aussicht auf den Wisconsin River
Wieder unten sind die anderen drei inzwischen im Wasser des „Honey Creek“ zugange. Am Rande gibt es einen Matschpool, den alle Kids großartig finden, ansonsten lassen sie sich in der Strömung des warmen und klaren Wassers treiben. Der Creek ist an manchen Stellen sehr flach und an anderen etwas tiefer, aber überall mit superweichem Sand am Grund, so dass es ein Genuss ist, darin zu laufen. Wir sind eine Weile lang ganz alleine hier, bis ein Kanufahrer aus dem Wisconsin River zu uns hereingefahren kommt und erzählt, der große Fluss sei sogar noch 5 Grad wärmer. Er fragt uns ein wenig stirnrunzelnd, wie wir (als Besucher aus dem Ausland) denn diesen Ort gefunden hätten. (Über unser Guidebook und die AllTrails App.) Besucher von weit her sind hier offenbar eine Seltenheit und ein bisschen scheint in seinen Worten die Sorge mitzuschwingen, dass dieses Paradies zukünftig von mehr Besuchern heimgesucht werden könnte. Ich wate dann im Creek noch bis zur Mündung in den Wisconsin und freue mich auch hier wieder über die Aussicht, aber weiter komme ich nicht, weil es dann plötzlich doch tiefer wird und ich im weichen Sand fast den Halt verliere. (Keiner von uns hat Badesachen an, alle sind in den Alltagsklamotten ins Wasser gegangen.)
Matsch(fuß)bad am Rand des Honey Creeks (am Fuße vom Ferry Bluff)
Taavi im Honey Creek, hinten die Mündung in den Wisconsin River
An der Mündung: Blick in den Wisconsin River, stromauf- und -abwärts
Als wir dann nach einer guten Stunde aufbrechen wollen, gibt es erst Proteste der selig planschenden Kinder, aber die vor uns liegende Strecke ist noch lang genug, dass es hinten raus ganz schön spät werden würde. Wieder oben am Parkplatz steht nur noch unser RV dort, bis ein weiteres Auto mit einem Kajak auf seiner Laderampe eintrifft. Auch mit diesem älteren Mann sind wir sofort im Gespräch und erfahren, dass er ein Local ist, der so oft er kann abends noch zum Fluss kommt, um zum workout ein wenig gegen die Strömung zu paddeln. Wieder die Frage, wie wir denn diesen Spot gefunden hätten… :-) Okay, wir erzählen es nicht weiter ;-). Da der Parkplatz jetzt kurz vor 18 Uhr fast leer ist, kann ich das WoMo in fünf Zügen wenden. Aber es wäre sehr tückisch, wenn der Platz voller gewesen wäre – Vorsicht Falle! So haben wir Glück und machen uns auf den Weg nach Vernon Hills, das wir nach 2:50 Stunden Fahrt über überwiegend langweilige Highways und zwei Gewitterschauer in der Dunkelheit erreichen. Unsere Gastfamilie ist noch gar nicht da, aber wir haben den Türcode und räumen das Nötigste zum Schlafen aus dem WoMo ins Apartment. In der Küche brate ich die übrig gebliebenen Kartoffeln mit Zwiebeln und Käse, dazu Eier und Tiefkühlgemüse, für ein spätes Dinner um viertel vor zehn. Dann gibt es ein herzliches Wiedersehen mit unserer Gastfamilie. Zum Erzählen kommen wir nicht groß, denn alle sind einigermaßen kaputt, und wir freuen uns auf die Nacht im Keller, wie zuletzt vor 17 Tagen.
Servus Daniel,
danke für das Zeigen einer mir fast (außer Chicago) völlig unbekannten Gegend. Habe erst jetzt (war die letzten Wochen unterwegs) deinen ausführlichen und schön bebilderten Reisebericht entdeckt. Klasse geschrieben👍.
37 - 38°C und schwül, das wäre allerdings nicht meine Reisezeit.
Liebe Grüße
Micha
Scout Womo-Abenteuer.de
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Hallo Micha,
vielen Dank :-) Ja, als der Hochsommer zuende ging, hatten wir die höchsten Temperaturen. Die zwei Wochen vorher waren jedoch vollkommen okay. Ich habe am Ende des Reiseberichts im Fazit eine Temperaturverlaufskarte drin, da kann man das nochmal genau anschauen.
LG, Daniel