Viel zu früh, aber dankbar um doch noch ein bisschen Durchzug im Zelt stehen wir um 3:45Uhr auf. Hatten wir gestern die Kür mit unserem Abstieg in den Canyon, so folgt heute die Pflicht.
Wir packen schnell alles zusammen, hängen die Rucksäcke wieder an den Galgen und marschieren zur Phantom Ranch zum Frühstück.
Richtig lecker, wenn man sich mal auf süße Pancakes mit ausgebratenem Bacon eingelassen hat.
Langes Sitzen ist aber nicht, nur noch ein kurzer Smalltalk mit den Männern der gestern kennengelernten family, ein Schmunzeln über unsere Service Lady, die etwas weird erscheint, das Sack Lunch gepackt, und schon gehts wieder nach draußen.
Noch kühl im Schatten laufend nehmen wir kurz vor 6 Uhr die ersten Höhenmeter des South Kaibab Trails in Angriff. Ein teilweise steiles Etappenstück, aber ohne Sonne noch voll ok.
Am Tip off kommen wir nach eineinhalb Stunden an. Wir pausieren kurz und snacken etwas von unserem Lunchpaket im Schatten der kleinen Schutzhütte, dann gehts weiter.
Ab hier ist Schluss mit lustig, kein Schatten mehr und nur noch pralle Sonne auf dem Weg.
Mich schlaucht die Hitze ganz schön und die Serpentinen auf dem Weg zum Skeleton Point sind extrem steil. Wie gestern befürchtet, ist das mit das anstrengendste Stück, weil es nirgends die Chance gibt, im Schatten kurz zu rasten.
Mein nasses Longsleeve trocknet viel schneller als mir lieb ist. Noch mal nass machen möchte ich es nicht, weil ich Sorge habe, dass mir dann mein mitgeschlepptes Wasser zum Trinken nicht mehr ausreicht. Robert erleichtert mich um etwas Gepäck.
Weiter geht es zum Cedar Ridge, nun wieder etwas weniger steil aber ebenso sonnig wie die vorherige Etappe. Wenn sich mal ein bisschen Schatten abseits des Weges anbietet, ruhe ich kurz aus und kühle mich etwas runter.
Ich werde ein weiteres Gepäckstück an Jeremie los, der fortan unseren völlig umsonst mitgeschleppten Daunenschlafsack weiter nach oben trägt. Viel mehr als meine Trinkblase und ein paar kleine Snacks trage ich im Rucksack nun nicht mehr.
Ich bin unglaublich froh, als wir endlich Cedar Ridge erreichen. Nun liegt nur noch ein überschaubares Stück bis zum Ooh-Aah-Point und schließlich bis ganz oben am Rim vor uns.
Allmählich glaube ich daran, dass ich das noch schaffen kann. Nicht nur die steile Route und die Hitze, sondern auch die zwei vorausgehenden Nächte mit völlig unzureichender Regeneration ließen mich stellenweise daran zweifeln.
Aber dann sind wir endlich am Ooh-Aah-Point!
Von dort erreichen wir - wieder teilweise im Schatten laufend - nach insgesamt 5 Stunden und 15 Minuten die Rimkante. Ich schluchze vor Erleichterung, bin so froh, wieder oben zu sein.
Wir klatschen uns ab und futtern die beiden leckeren Brownies, die Jeremie gestern noch in der Phantom Ranch eingepackt hatte.
Im Shuttle erfrieren wir fast, es ist eiskalt hier drin und wir sind total durchgeschwitzt...
Es wird nicht besser im zweiten Shuttle vom Visitor Center zum Backcountry office. Darüber hinaus haben wir hier mit Conny einen echten General am Steuer, die alles und jeden nach Strich und Faden in den Senkel stellt, und außerdem noch einen Fahrstil hat, der mir die Tränen in die Augen treibt.
Am Backcountry Office verlassen wir dankbar den eisgekühlten Bus. Unser Auto wartet treu auf dem Parkplatz und wir fahren zum Campground. Wir sind gespannt, was uns nun erwartet und ob wir direkt den Platz räumen müssen.
Der Campground sieht total verlassen aus, wir sind im Juniper Loop tatsächlich gerade gefühlt die einzigen Camper. Wir testen, ob das Wasser noch angestellt ist und die Toiletten nutzbar sind. Tut aber alles. Zettel haben wir auch keinen am Platz vorgefunden, also gehen wir davon aus, dass wir diese Nacht noch bleiben dürfen.
Wir basteln uns wieder unsere private Dusche mit unserem Tarp. Was für eine Wonne, den Schweiß abwaschen und sich frisch machen zu können! Wir fühlen uns großartig!
Zum Essen wollen wir eigentlich im Grocery Store ein Hähnchen organisieren, es gibt aber leider keines. Ja, dann machen wir doch mal wieder burritos mit Hähnchenfleisch, ist doch immer wieder lecker.
Wenn man bedenkt, dass wir meistens auf einer Flamme kochen, können wir uns vielleicht über mangelnde Abwechslung, nicht aber über Fülle und Geschmack unserer Speisen beschweren.
Für morgen haben wir vor zwei Tagen eine Kajaktour auf dem Colorado gebucht. An sich wollten wir eine Zweitagestour mit Übernachtung auf einem der CGs am Colorado machen und haben das auch so angegeben. Momentan kann sich aber keiner von uns vorstellen, noch einmal eine Nacht bei solcher Hitze im Zelt zu verbringen.
Außerdem steht uns der Kopf auch nicht schon wieder nach Rucksack packen. Robert ruft bei den Cliff Dwellers an und versucht, die Tour um einen Tag zu verschieben oder für einen früheren Bringservice zu buchen als 12:15Uhr. Doch weder das eine noch das andere klappt. Was aber kostenfrei möglich ist, ist die Stornierung des zweiten Tages, da waren sie sehr kulant.
Prima, wir freuen uns auf morgen und legen uns ein letztes Mal am immer wieder faszinierenden Grand Canyon in unser Zelt.
Hi Elli,
ganz tolle Eindrücke vom Ab- und Aufstieg, sehr beeindruckende Fotos! Und anscheinend alles andere als ein Spaziergang, das glaube ich sehr gerne bei dieser Hitze! Wenn ich dran denke, wie sehr wir damals schon Ende Mai geschwitzt hatten (wir hatten am Ende auch an die 40 GRad), aber der South Kaibab ist sicher nochmal ne ganz andere Hausnummer als der Bright Angel Trail. Respekt!
Liebe Grüße,
Ulli
Scout Womo-Abenteuer.de
www.dezembercamper.de
Hallo Elli,
vielen Dank für den toll geschriebenen Bericht, man fühlt "als wäre man dabei". Und so weiß ich, dass so eine Tour für mich niemals möglich wäre. Große körperliche Anstrengung in der Sonne/Hitze ist für mich das aller schlimmste, ich kann das körperlich einfach nicht aushalten.
Deshalb umso schöner zumindest mal zu lesen wie so eine Tour abläuft :)
Gruß
Rebecca
Liebe Elli,
oha.
Man spürt in jedem deiner Worte, wie extrem fordernd der Aufstieg war! Ehrlich gesagt bekomme ich jetzt noch mehr Respekt, vor euch, aber auch vor unserer Tour im Sept/Oktober.
Trotzdem, es sind so wunderbare Bilder! Wir wollen das unbedingt machen.
Ich nehme ausserdem mit, wie wichtig die gute Vorbereitung ist. Elektrolyte ja, Lunchpaket eher nicht (besser selbst zusammenstellen?), nach Wasser-Verfügbarkeit fragen (naja, auch wenn die Info bei euch trotzdem falsch war....), mit dem Auto zum Hikers Express.
Deine Schilderung diesmal klingt nicht ganz so begeistert wie beim Mal davor. Lag das an der nicht geöffneten Phantom Ranch, dem South Kaibab Trail als Aufstieg, oder den 2 Nächten ohne Schlaf? Oder flaut die Begeisterung dann doch irgendwann ab? Oder ist mein Eindruck falsch?
Trotzdem: wie schööön, und wie besonders!!! Danke schön, dass du uns so ehrlich daran teilhaben läßt!
LG, Inga
Hi Elli,
beim Lesen leidet man definitiv mit dir mit. Umso mehr kann man dann nachvollziehen, wie erleichtert ihr gewesen seid, als ihr oben angekommen seid. Zum Glück hattest du deine "Männer", die dir beim Tragen etwas abnehmen konnten. Darauf setze ich bei meinen Kids auch zunehmend
Wir hatten letzte Ostern ja eher das Problem dass es am Rim in der Nacht geschneit hatte deswegen der Weg etwas matschig war. Die Temeraturen waren dadurch zum wandern deutlich angenehmer und auch die Szenerie mit dem Schnee etwas ganz besonderes.
Ich hoffe, rückblickend war der Grand Canyon trotz der Stapoazen auch diesmal für euch wieder ein Highlight.
Auch wir haben dann am Tag nach dem South Kaibab Trail auf dem Colorado verbarcht. Umso mehr freue ich mich auf die Fortsetzung deines Berichts.
Liebe Grüße, Mike
Experience!
Scout Womo-Abenteuer.de
Liebe Inga,
Danke und ja, macht das UNBEDINGT!
Wie ich schon in einem Kommentar am gestrigen Tag erwähnt hatte, wäre das Lunchpaket für uns künftig verzichtbar. Klar muss man dann etwas mehr mit runter nehmen, aber das sollte kein Problem sein. Wenn man in der Phantom Ranch unterkommt und kein Campingequipment schleppen muss, sowieso gar kein Problem.
Oh nein, unsere Begeisterung für den Grand Canyon ist ungebrochen! Wir würden sofort wieder dort wandern. An Faszination hat dieses unglaubliche Naturwunder gar nichts eingebüßt. Was ich zugeben muss: es war total schade, dass der Aufenthaltsraum in der Phantom Ranch nicht geöffnet war. Dort war die Stimmung schon immer sehr besonders. Auch hatten wir schon mal einen Ranger talk im Amphitheater erlebt. Auch das war unvergesslich schön.
Wir würden gerne mal zu einer anderen Jahreszeit dort wandern als im Sommer. Mit weniger Hitze muss das einfach noch um so viel schöner sein. Mal schauen, ob wir das in diesem Leben noch machen😉.
Den South Kaibab Trail würde ich wieder wählen. Zum Runtergehen sowieso, aber auch für den Aufstieg. Ist halt wesentlich kürzer. Der Bright Angel Trail ist dagegen zwar auch schön, hat aber üble Längen, die mögen wir gar nicht.
Liebe Grüße
Elli
Scout Womo-Abenteuer.de
Lieber Mike,
aber auf jeden Fall! Immer wieder wird das für uns ein Highlight sein❤️.
Eine spätwinterliche Begehung stellen wir uns auch klasse vor. Hattet ihr Grödel dabei🤔? Sonst ist es ja schon fies, wenn man durch Schnee läuft und immer wieder wegrutscht.
Liebe Grüße
Elli
Scout Womo-Abenteuer.de
Hi Elli,
Grödel hatten wir tatsächlich nicht dabei. Gerutscht sind wir eher aus einem anderen Grund: Matsch vorallem im mittleren Drittel!
Die Wettervorhersage auch schon vor Abflug sah eigentlich ganz gut aus.
Am Backcountry Office am Abend vor dem Abstieg hieß es, der Weg sei eisfrei, und das war er beim Abstieg dann auch.
Unten hatten wir dann am Nachmittag angenehme 20 Grad. Nachts kam dann der Kälteeinbruch, wobei es wohl nur bis etwa zur Hälfte des Canyons wohl gut 10 cm geschneit hatte. Der Schnee war dann bis wir dorthin kamen getaut und das Wasser hatte sich in jedem einzelnen Loch der unzähligen "Stufen" gesammelt. Sah zwar toll aus, war dann aber auch eine ordentliche Schlammschacht.
Positiver Nebeneffekt war, dass uns die ersten 3 Stunden wirklich niemand entgegen kam und auch weiter oben verhältnismäßig wenig los war, denn auf dem letzten Kilometer oder so gab es dann tatsächlich zumindest teilweise noch eine geschlossene Schneedecke.
Liebe Grüße, Mike
Experience!
Scout Womo-Abenteuer.de