06.09.2022
Haines
… und wieder kein Wetter für einen Rundflug , aber trocken.
Morgens sind wir wieder einigermaßen früh unterwegs und wollen natürlich wieder wie in den vergangenen Tagen Bärchen gucken fahren. Sofort finden wir einen Parkplatz in Nähe des Wehrs, das heute keines mehr ist, da alle Stangen entfernt sind, am Chilikoot River für unseren TC, bewaffnen uns mit Stativ und Foto und stellen uns in der Nähe des „Bärenhighways“ (aber nicht auf den Highway) an den Straßenrand zwischen Fluss und Straße. Neben uns steht ein Holländer und wir kommen ins Gespräch. Weitere Touris sind zur Zeit nicht da. Im Moment stehen 2 Bären auf der anderen Seite des Flusses am Ufer und schauen zu uns rüber. Nach einer Weile springen sie in den Fluss zum Angeln und wir schießen ein paar Fotos. Wie immer drehen wir uns öfter mal um, verändern unsere Position und behalten die Gegend im Auge.
Dann passiert, was wir so nicht vermutet hätten und auch eigentlich so nicht wollten. Der Holländer tippt meinem Mann an den Arm und zeigt mit dem Daumen nach hinten über seine Schulter, ich bekomme diese Bewegung auch mit und wir drehen uns gaaanz langsam um, da steht auf einmal die Bärin Lulu mit ihren 2 Cups keine 5 m hinter uns auf der Straße und kommt weiter leise grummelnd und knurrend auf uns zu, unser Puls erhöht sich schlagartig auf kurz vor Herzinfarkt. Wo kommt die denn so plötzlich völlig geräuschlos her, aus dem Fluss oder kam sie den Steilhang runter über die Straße kam sie jedenfalls nicht, keine Ahnung, urplötzlich wie aus heiterem Himmel steht sie direkt hinter uns. Vor lauter Schreck drücke ich Depp sogar noch auf den Kameraauslöser, so dass wir ein irre Bild von ihr bekommen.
Sie behält ihre Jungen ganz dicht bei sich. Ich schnappe mein Stativ und wir drei „Bärengaffer“ bewegen uns gaaanz langsam rückwärts, haben aber den Steilhang im Rücken, so dass uns nur die schmale Straßenbreite bleibt um Lulu aus dem Weg zu gehen, die sich immer noch langsam zusammen mit ihren Jungen weiter vorwärts bewegt und leise vor sich hin knurrt außerdem uns natürlich nicht aus den Augen lässt. Zugegebenermaßen macht die Bärin einen entspannteren Eindruck als wir drei Touris (wir hatten nicht einmal Bärenspray dabei ), wir wollten zwar Bären gucken, ihnen aber in dieser Entfernung ohne Seil und doppelten Boden und ohne Schutz auch nicht begegnen und in die Quere kommen. Lulu und ihre Jungen behalten uns fest im Blick („lieber Gott hat die schöne Augen“ fällt mir in diesem Augenblick noch ein, blöd ich weiß, wo es doch gerade brisant und hochgefährlich ist), wir stehen mit dem Rücken am Steilhang im Gebüsch, weiter zurück geht es für uns nicht und sie geht relativ relaxt in geringem Abstand an uns vorbei. Uff, Gott sei Dank ist alles gutgegangen, das hätte auch anders ausgehen können, wenn die Bärin nicht so entspannt und an den Umgang mit Menschen gewöhnt gewesen wäre, sie ist immer noch "Wildlife", kein handzahmes Tier. Wir waren ihr so nahe, dass wir selbst ihren Geruch wahrnehmen konnten. Die Größe von ihr wird mir auch so richtig bewusst, auf 4 Pfoten stehend hätte sie mir ihren Kopf locker auf die Schulter legen können ohne sich zu strecken. Wow, war das eine Begegnung, so hat man sie wahrscheinlich nur einmal im Leben. Wenn wir das unserem Sohn zuhause erzählen lässt er uns nicht mehr in den Urlaub fahren und erzählt uns was von Leichtsinn (so war´s dann auch fast, das war vielleicht ein Gemeckere vom eigenen Sohn, wo es doch normalweise andersrum ist, nur wir als Eltern dürfen meckern, oder?).
Nach der herzinfarktverdächtigen Nummer gerade eben ändern wir unsere Position und achten darauf auch ständig hinter uns zu sehen, da die Bären jetzt nicht mehr nur auf dem Wehr herumturnen sondern tatsächlich von allen Seiten aus dem Gebüsch auftauchen um in den Fluss steigen. Sie konzentrieren sich nicht mehr allein nur auf das Wehr sondern verteilen sich auch auf eine größere Fläche und es sind auch mehr Bären gleichzeitig im Fluss, da sich sich jetzt besser aus dem Weg gehen können. Außerdem wird der Fischfang jetzt zum Bären-Sport, da die Lachse nicht mehr durch die Gitterstäbe des Wehr´s am Durchschwimmen des Flusses gehindert werden, springen die Bären wie wild hinter den Lachsen her um sie einzufangen. Insbesondere sehen die Jungtiere richtig tollpatschig aus bei ihren Fangversuchen. Es ist jetzt im Fluss ein munteres Bärenjumping im Gang. Die Lachse springen ebenfalls um reißaus zu nehmen.
Wieder lassen wir die Bilder sprechen:
Fellpflege, gaaanz wichtig. Immer mit der Ruhe und in aller Gründlichkeit
Bärenschmusi - darf auch nicht fehlen
Baden - welche eine Wohltat
Durst - hat man schließlich auch
Die Weisskopfseeadler mit ihren Jungen fressen wieder mal die Reste, die die Bären hinterlassen haben.
Wow, wieder so ein irrer Tag, wieder konnten wir stundenlang Bären-Sightseeing betreiben. Mittlerweile sind wir Profi´s und bewaffnen uns auch mit Stühlen und nicht nur mit unserem Fotoequipment, das entlastet die Wirbelsäule ungemein und ist richtig bequem mit Dosenhalter und so .... Man steht sich halt nicht so die Beine in den Bauch. Die Bären-Nummer hier in Haines ist so ganz unser Ding und wir sind froh, hierfür soviel Zeit eingeplant zu haben. Hätten wir die Fähre früher gebucht, hätten wir sie wahrscheinlich saußen lassen, so gut gefällt es uns hier.
Ich will noch kurz auf die Touristen hier eingehen: so viele sind es eigentlich gar nicht, den größesten Tei des Tages waren wir weitgehenst allein am Wehr oder mit einer Handvoll weiterer Touris. Ab und zu kommt ein Bus mit Kreuzfahrt-Sightseer vorbei, dann ist mal für 10 - 15 Minuten wir Wutz los, aber wie auch an anderen Stellen in den USA ist sofort wieder Ruhe, wenn alle wieder eingesammelt und mit dem Bus verschwunden sind. Auch der Autoverkehr auf der kleinen Nebenstraße zum Chilikoot Lake hält sich in Grenzen. Mal ein kleiner Stau wenn die Bären gerade mal die Straße blockieren, dann steigt auch alles aus um zu fotografieren, sobald die Bären die Straße verlassen geht es auch schon wieder weiter. Es sind eigentlich nur wenige Autos die hier vorbei kommen. Zumindest in der Zeit die wir hier verbracht haben.
Außerdem frage ich mich heute, wenn ich den Bericht so schreibe, warum zum Teufel wir eigentlich überhaupt nicht den nahen Campground genutzt haben. Hier hätten wir auch ein Plätzchen bekommen, kam uns aber irgendwie gar nicht in den Sinn. Im nachhinein einfach unfassbar.
Zurück auf die Haines RV Platz geht´s duschen und anschließend wird gegrillt. Die Wärmflasche wird vorbereitet, es wird nachts kalt. Gute Nacht.
Gefahrene Kilometer: 20
07.09.2022
Haines
Das Wetter bleibt wie es die letzten Tage auch war, der Flug daher findet nicht statt, es ist uns zu teuer um dann unter uns nur Wolken zu sehen. Schade, es hätte uns sicherlich Spaß gemacht zumal Gerd noch nie in einer so kleinen Maschine geflogen ist.
Heute ist unser letzter Bärentag, den wir auch wieder ausgiebig genießen. Ich weiß, wir sind bekloppt, dass wir nach 3 ½ Tage immer noch Freude an den Bärchen haben, aber es ist wie es ist, wir sind begeistert. Die Nummer hier ist besser als das tagelange Festsitzen in Dawson City oder der Dauerregen im Süden von Alaska und wir sind halt einfach absolute Fans von Wildlife (nur wild gehört auf´s Bild ) , lassen wir zu Hause ja schließlich auch keine Tierdoku aus, schon gar nicht wenn es um Nordamerika geht.
Die Bilder:
Ganz wehmütig verlassen wir am späten Nachmittag den Chilikot River, sagen den Bären "Bye Bye, see you again" und fahren langsam auf den Campground zurück. In Haines müssen wir noch was einkaufen und vorher stoppen wir nochmal um das Panorama hier zu geniessen, Wir setzen uns noch eine Weile auf die Holzstämme und lassen den letzten Tag hier im Geiste Revue passieren. Ach, war das schön was wir hier erleben durften. Seuftz, morgen verlassen wir mit der Fähre Haines Richtung Skagway. Jeder Tag hier hat sich mehr als gelohnt.
Abends haben wir noch einen tollen Sonnenuntergang den wir bei einem Spaziergang bewundern können.
Gefahrene Kilometer: 15
Moin,
da habt ihr es aber so richtig ausgelebt.
... und die Freude ist zu lesen und zu verstehen.
Und bekloppt seid ihr deswegen auf gar keinen Fall. Haben wir auch so gemacht, morgens früh raus.
Uns hatte ein Ranger gesagt: Stell euch vor das WoMo, dann habt ihr den Rücken frei.
Und was habe ich gemacht: Bin mit Kamera und Stativ gewandert und hatte dann plötzlich keine WoMo sondern eine/n Bär/in hinter meinem Rücken.
Irgendein Geräusch habe ich auch nicht gehört, das Fluss ist schon laut und die Bären echt leise.
Stimmt, der CG am See weiter oben wäre eine Möglichkeit. Da gibt es aber nix.
Wir waren auch froh über die Dusche, leider nicht am Haines RV sondern am CG im Hafen.
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Ne schöne Jrooß ahn all
Uwe
"Yukon" und mehr Kanada auf Flickr
Man oh Man,
das war ja nen "bären"starker Tag !!!
Toll die vielen Bären, aber ich glaub bei dem "fastkontakt" wäre mir auch das Herz sonstwohin gerutscht.
Viele Grüße aus dem Münsterland
Hallo Uwe, hallo ins Münsterland,
ja wir haben es in Haines so richtig krachen lassen und mitgenommen was sich uns geboten hat. Wir haben uns beim Bären-Sightseeing so richtig ausgelebt und keine Sekunde bereut, dass wir ein paar Tage hier geblieben und nicht weiter gefahren sind um uns vielleicht noch was anderes anzusehen. Wir haben woanders nix verpasst. Das hier war einfach ganz großes Kino.
Uwe, Du hast natürlich recht, auf dem staatlichen Campground war nix, noch nicht einmal eine Dusche oder gar Wlan
, trotzdem hätten wir zumindest mal 2 oder 3 Nächte auch hier bleiben können. Egal, toll war´s trotzdem in Haines.
Ja, und so einen Riesen-Teddy so hautnah, fast im wahrsten Sinne des Wortes zu erleben, da rutsch einem schon mal das Herz in die Hose. Das Adrenalin hat auch noch lange vorgehalten und der Blutdruck war Gott weiß wo. Gott sei Dank sind der Holländer und wir sehr ruhig und besonnen geblieben, haben keine Panik geschoben, so dass sich Lulu auch nicht angegriffen gefühlt hat.
Liebe Grüße Jasmin
Liebe Jasmin,
die Fotos sind genial, damit haben wir es nicht so. Wir genießen einfach und gucken, daher um so toller eure Fotos. Lulu und ihre Cubs sind auf dem (nahen) Campground direkt an unserem Campfire vorbeispaziert, so klasse. Schade, dass es euch nicht passiert ist, da hätten wir geniale Fotos. Ein paar haben wir auch, gibt es dann irgendwann im Reisebericht.
Liebe Grüße
Susanne
Scout Womo-Abenteuer.de
Reiseberichte
Liebe Susanne,
ja, Lulu mit Ihren Jungen war wirklich für eine wilde Mama-Bärin relativ entspannt.
Wenn Du gerne ein paar Bilder der "Haines-Bären" hättest, schreib mich doch auf WhatsApp mal an, dann kann ich Dir gerne eine Auswahl für Dein eigenes Fotobuch übermitteln. Schließlich habt Ihr ja fast zur gleichen Zeit die gleichen Bären gesehen.
Liebe Grüße Jasmin