12.09.2022
Takhini River Campground – Whitehorse
In der Nacht war es richtig kalt, die Temperatur ist deutlich unter die Null-Grad-Grenze gefallen und wir mussten uns richtig in unsere Decken einkuscheln. Dies war die kälteste Nacht des ganzen Urlaubs, jetzt wird es wirklich Zeit eine funktionierende Heizung zu haben. Da wir ohnehin morgen zurückgeben ist das Fazit: wir hatten bis jetzt riesengroßes Glück, dass erst jetzt die Kälte richtig zuschlägt.
Solange wir wach sind, können wir die Camperheizung immer wieder händisch neu starten wenn es nötig ist, also haben wir es warm beim Frühstück. Wir gucken noch der Sonne beim Aufgehen hinter den Bergen zu und bewundern die Schönheit der Natur. Sobald die Sonne scheint, taut auch sofort der Rauhreif von den Fensterscheiben des Autos. Nach einem ausgiebigen Spaziergang entlang dem Takhini River machen wir uns auf dem Weg nach Whitehorse bei wunderschönem Herbstwetter. Unterwegs kreuzt ein Luchs den Alaska Highway, den wir gerade noch so fotografieren - wenn auch etwas unscharf - können bevor er wieder im Gebüsch verschwindet.
In Whitehorse fahren wir als erstes auf dem Flughafen um dort unseren Leihwagen abzuholen, den wir uns für den letzten Tag dort noch geleistet haben. Wir finden für den TC sofort einen Parkplatz direkt am Eingang und sind fassungslos als wir das Flughafengebäude betreten. Hier ist kein Mensch, noch nicht mal Personal, Zoll, Polizei oder auch nur irgendein Angestellter des Flughafens! Gähnende Leere im gesamten Gebäude. Ist wieder Lockdown und wir haben in den Zeit in der Wildnis was verpasst? Ein Flughafen ohne Menschen, das kennen wir nicht. Selbst in Lützelinden, Kassel oder Egelsbach ist am Flughafen mehr los als hier. Gerd muss bei der Leihwagenfirma anrufen, denn selbst dieser Schalter ist nicht besetzt. Während wir warten bis jemand kommt, schaue ich mich hier um. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus, alle klitzekleinen Läden ebenfalls geschlossen. Tote Hose hier. Sachen gibt´s, die gibt´s doch gar nicht.
Nachdem wir dann unseren Pkw erhalten fahren wir das letzte Stück mit dem TC zum Hi Country RV Park und checken für die letzte Nacht ein. Hier erhalten wir einen Platz ganz hinten und stellen unseren TC ab, fahren aber gleich weiter um noch den letzten Tag in Whitehorse auszunutzen und uns die Stadt noch ein bisschen anzusehen. Wir besuchen noch die Fischtreppe auf der anderen Seite des Flusses. Lange sitzen wir dann noch auf einer Bank am Yukon und sehen einfach nur dem Fluss beim Fließen zu und hängen unseren Gedanken nach.
Wir laufen noch einmal zur Klondike, geniessen den schönen Spätnachmittag und den Spaziergang am Fluß entlang.
Erst gegen Abend kommen wir zurück, packen soweit als möglich und sind ordentlich traurig da wir morgen wieder nach Hause müssen. Wie schnell so 5 Wochen vergehen können. Wir hätten es durchaus noch länger hier ausgehalten.
Gefahrene Kilometer: 85
13.09.2022
Whitehorse – Tag der Abgabe des TC´s und Heimflug
Wir haben am Abend vorher alles gepackt und sind früh wach, also gehen wir schnell nochmal auf dem Campingplatz duschen. Neben uns stehen 2 Wohnmobile mit Schweizer Zulassung, jeweils einem Ehepaar. Die restlichen Vorräte, selbst die angebrochenen Packungen und Gläser wechseln den Besitzer, die Schweizer können alles gebrauchen und haben auch kein Problem mit dem bereits geöffnetem Honig und Ketchup, so dass wir gar keine Lebensmittel wegwerfen müssen. Duschgel, Shampoo, alles wird uns abgenommen. Ich finde es großartig, widerstrebt es mir doch noch Brauch- und Genießbares einfach so wegzuwerfen. Anschließend laden wir die restlichen Sachen in unseren Pkw und der TC ist leer. Jetzt noch ein finaler Dump, so dass wir mit einem einigermaßen sauberen und entleerten TC zur Abgabe fahren können. Anschließend wollen wir in der Alpine Bakery ein letztes Frühstück genießen.
Bei der Abgabe geht der Zirkus mit den Mitarbeitern von CanaDream dann richtig los:
Ein Mitarbeiter (der gleiche Mitarbeiter, den wir vor 5 Wochen nochmal einen Tag nach der Übernahme wegen der defekten Heizung besucht hatten, der uns damals nicht helfen konnte und uns der Werkstatttermin beschert hatte) schleicht außen um den TC und eine Mitarbeiterin besichtigt die Fahrerkabine. An der Karosserie wird kein Schaden festgestellt, der junge Mann ist relativ schnell fertig und gibt grünes Licht, aaaaabbbber die Lady im Fahrzeug fängt sofort an zu meckern.
Wir hätten 5200 Kilometer gebucht und 5206 Kilometer wären wir gefahren, das wäre 6 Kilometer zu viel und wir müssten je Kilometer 0,42 Can$ plus Tax nachzahlen. Häh??? Was will die??? Na, jetzt geht´s aber los.
Außerdem wäre der Tank ¼ voll gewesen und jetzt wäre der Zeiger nicht komplett auf ¼-Voll, das würde 75 Can$ extra kosten und würde uns in Rechnung gestellt. Häh??? Was will die??? Tickt die noch richtig?
Ich guck auch nochmal auf die Anzeige und sehe eigentlich keinen Unterschied gegenüber der Übernahme, vielleicht brauche ich eine stärkere Brille, zu Hause werde ich das bei Gelegenheit überprüfen lassen.
Wir gehen gemeinsam in die Gartenhütte von CanaDream und erkennen sofort, die Lady meint es tatsächlich und wirklich ernst, denn wir bekommen dort sofort eine Abrechnung mit insgesamt 81,33 Can$ Nachzahlung vorgelegt. Daher fragen wir erstmal wer denn die Leitung hier hat. Eine ebenfalls blutjunge Frau meldet sich und erklärt, sie wäre für die Niederlassung von CanaDream hier verantwortlich. Wir erklären der Lady, dass wir mehrere hundert Kilometer extra gefahren seien um diverse Werkstätten – ohne Erfolg übrigens – aufzusuchen um die defekte Heizung reparieren zu lassen. Wir haben mindestens 2 komplette Urlaubstage dadurch verloren und jede Menge Sprit verfahren, den wir nicht benötigt hätten wenn sie uns ein einwandfreies Fahrzeug zur Verfügung gestellt hätten. Außerdem hätten wir dann keinen Mangel am Objekt 5 Wochen lang ertragen müssen. Ich krame in meinen Belegen und ziehe auch noch den Kassenbon von der Füllung einer Gasflasche heraus und mache das auch noch geltend, da wir von vorneherein keine, wie angemietet, zwei vollen Flaschen Gas hatten, sondern nur eine und die Zweite leer war. Dies alles (auch das mit nur einer vollen Gasflasche) war CanaDream durch div. Telefonate bereits bekannt und jetzt rechnen die uns noch Sprit und zusätzliche Kilometer zusammen. Hier läuft was falsch, wir bekommen noch Geld zurück. Rückrufe in der Zentrale erfolgen, die bestätigen, dass wir mehrfach telefonischen Kontakt aufgenommen und alles ordnungsgemäß gemeldet haben und dass es CanaDream nicht möglich war uns von unterwegs durch Werkstätten zu helfen. Der anwesende junge Mann bestätigt, dass wir einen Tag nach Übernahme nochmal da waren und er sich die Heizung angesehen hat und wir Urlaubszeit hier verloren haben, er selbst hätte den Werkstatttermin in Whitehorse ausgemacht. Er könne sich an all das erinnern. Die tonangebende Lady will nach einer ½ Stunde Diskussion endlich "kulanzhalber" ??? auf die Kosten der 6 Kilometer Mehrfahrleistung und die 75 Can$ für die „angebliche Nichteinhaltung des Spritfüllstandes“ verzichten. Gleichzeitig sollen wir unterschreiben, dass alle Ansprüche damit abgegolten sind. Häh?? Was will die?? Echt jetzt??
Gerd und ich gucken uns an und, ja, jetzt kommen 35 Jahre blindes und wortloses Verstehen zum Tragen. Nein, wir sind nicht einverstanden, nehmen jetzt richtig Fahrt auf und erklären dem überheblichen Studententrupp in der CanaDream-Gartenhütte wie gelebte Betriebswirtschaft funktioniert: wir bekommen von CanaDream Geld zurück. Der gemietete TC hatte einen gravierenden Mangel, der auch von uns sofort er als er aufgetreten ist reklamiert wurde, wir im Übrigen alles getan haben um bei der Beseitigung zunächst auf unsere Kosten mitzuwirken, dies sei letztlich jedoch misslungen. Letztendlich mussten wir die defekte Heizung notgedrungen erdulden, da ein Ersatz nicht verfügbar war. Da wir für einen TC mit Heizung bezahlt haben machen wir jetzt Schadensersatz geltend. Wir haben alles richtig gemacht, CanaDream trägt die alleinige Verantwortung, so einfach ist das. So Tussi, jetzt guckst du, gelle??
Wir rechnen ihr jetzt vor, wie wir die Sache sehen: wir wollen das Geld für die Füllung der zweiten leeren Gasflasche wieder, den gezahlten Sprit für die Mehrkilometer zu den Werkstätten (diese Kilometer können wir genau berechnen (im Übrigen sind es mehr als 6), die Kosten für die Stornierung des Campground im Denali NP und entgangenes Urlaubsvergnügen von 2 vollen Urlaubstagen durch Anfahren und Rumsitzen in Werkstätten etc. Im Übrigen liegt der Mietpreis des TC bei ca. 180 Can$ pro Tag, bei zwei Tagen und in unserer Gegenrechnungen kommen wir dann auf ca. - wohlwollend gerechneten - 600 Can$, die wir von CanaDream gutgeschrieben haben wollen. Außerdem erklären wir ihr, dass wir beide noch berufstätig sind und unser „Urlaubsvergnügen und die entgangenen Urlaubstage" für uns eigentlich unbezahlbar sei. Außerdem hätten wir ja schließlich auch keine - wie gebucht - Heizung gehabt. Gleichzeitig weisen wir noch daraufhin, dass wir wegen des Werkstatttermins in Dawson City fast eine Woche festsaßen, als die Fähre kaputt ging und wir uns noch dort aufhalten mussten. Zur kaputten Fähre könne CanaDream zwar nix, aber wir wären längst weg gewesen wenn wir nicht den späten Termin bei Chief Issak oder einen ordentlich beheizbaren funktionierenden TC gehabt hätten.
So, jetzt ham mer se – wie der Hesse sagen würde, die Lady ist platt. Die guckt jetzt genauso dumm aus der Wäsche wie wir, als das Mädel den Tacho bei der Abgabe abgelesen und ihre Bemerkungen über Zusatzkosten uns sprachlos gemacht hat. Sie stottert rum und bietet uns jetzt eine Rückerstattung von 50 Can$ gegen Unterzeichnung der Verzichtserklärung weiterer Ansprüche, ein größerer Rahmen stünde ihr nicht zur Verfügung. Nein danke, wir werden uns an den Veranstalter und an die Direktion von CanaDream direkt wenden. Die Studententruppe dieses Ladens hier in Whitehorse hat uns heute bis aufs Messer gereizt und eine weitere Stunde wertvoller Urlaubszeit gekostet, jetzt wollen wir Blut sehen. Wir erhalten also die Rechnung mit 6 Kilometer Mehrleistung und 75 Dollar Aufpreis für zu wenig Sprit im Tank, zuzüglich Tax versteht sich, von insgesamt 81,31 Can$ und weil wir nicht zahlen, erhalten wir die einbehaltene Kaution nicht zurückgebucht. Im Gegenzug erhält Fräulein Neunmalschlau von uns zur Weiterleitung an die Direktion ein Schreiben bezüglich der Feilscherei heute im CanaDream Office Whitehorse und mit dem Schreiben gleich unsere Forderungsaufstellung mit der Bitte um Weiterleitung an die Direktion, den Rest werden wir von Deutschland aus erledigen. Ich glaub, die war froh als wir dann draußen waren, dabei: hätten die Mitarbeiterinnen nicht so einen Zirkus angefangen und hätten uns gleich 50 Can$ „Entschädigung“ angeboten, wären wir sofort dabei gewesen und alles war gut. Aber so net und schon gar net mit uns.
Soooo, jetzt nix wie weg hier und zur Alpine Bakery und anschließend an den Yukon um die letzten Stunden hier in Kanada wenigstens noch zu genießen bevor wir an den Flughafen müssen um für den Rückflug einzuchecken. Das mittlerweile späte Frühstück ist noch genauso lecker wie am Tag nach unserer Ankunft und wir gehen anschließend noch ein bisschen an dem Fluss spazieren, haben uns mittlerweile wieder beruhigt und normalen Puls, bevor wir zum Flugplatz fahren, den Leihwagen ausladen und abgeben und uns an den Check In begeben. Es geht nach Hause – leider.
Tschüss Kanada, es war uns eine Freude, gerne würden wir nochmal wieder kommen um den Rest soweit wie möglich auch noch zu sehen.
14.09.2022
Endstation Heimat - Frankfurt am Main
(Landeanflug auf Frankfurt am Main)
Nach einem für uns entspannten Nachtflug in der Business Class der Condor landen wir am nächsten Tag pünktlich und auch relativ ausgeruht in Frankfurt. Deutschland hat uns wieder und das Hamsterrad dreht sich ab morgen weiter, wir müssen morgen schließlich – egal ob mit oder ohne Jetlag - wieder arbeiten. Unser Sohn hat unseren Flug über seine App verfolgt und holt uns sofort vom Flughafen ab, so dass wir 1 Stunde nach der Landung schon wieder zuhause auf der Couch sitzen und von unseren Erlebnissen erzählen – so schnell geht Urlaub vorbei.
So, das war´s - das heißt es kommt noch was, das Schlußwort und Fazit dieser Reise.
Allen wünschen wir viel Spaß beim Lesen.
Jasmin & Gerd
P.S.:
"Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freuden, Schönheit und Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!"
Wilhelm Busch (1832 – 1908)