Unsere netten Nachbarn hatten uns gestern schon gesagt, dass es heute kalt und regnerisch werden soll, aber bei dem schönen Wetter gestern schien das ein bisschen unglaublich. Morgens ist das Wetter auch noch okay, aber es ist wirklich abgekühlt. Eine eigene Wettervorhersage haben wir nicht, wir haben kein Internet. Wir beschließen, trotzdem loszuziehen, in der naiven Hoffnung, dass es einfach wieder nur wechselhaft ist; wir sind ja nur noch heute im Glacier.
Wir beschließen den Iceberg Lake Hike zu machen, die Info, dass das doch geht, hat mich ganz heiß gemacht. Der Trail beginnt direkt am Campground und wir gehen guten Mutes los. Schon gleich bei Hikebeginn fängt es an zu regnen, so dass wir doch nochmal grübeln, ob das wohl eine gute Idee ist, aber wir überzeugen uns schnell gegenseitig; wir sind aus Hamburg, nicht aus Zucker und so -und wir machen es.
Was soll ich sagen, das Wetter wurde einfach nicht besser, das war auch erstmal nicht so schlimm, aber es regnet sich doch ziemlich ein.
Gar nicht mal so lange nach Hikebeginn bleibt Nick stehen: wir sind genau an der Stelle, wo gestern die Grizzlies waren. Whoa -okay, wir wissen, dass sie hier wirklich rumlaufen, also extra aufmerksam!
Extra aufmerksam wird aber immer schwerer, je weiter wir durch den Regen marschieren, das Ganze fühlt sich zunehmend wie ein Survival-Training an. Es wird immer kälter, je höher wir kommen.
Die Aussicht wäre bei gutem Wetter natürlich nochmal anders, man kann schon schön weit gucken. Der Hike ist aber bis zum See-Finale doch insgesamt etwas gleichförmiger als der Grinnell-Hike. Aber viel Beargrass und sehr grün!
Zum Glück kommt kein Bär -oder wir bemerken zumindest keinen. Dank eines Hinweises eines anderen Hikers sehen wir aber einen Elch ganz unten an einem Abhang stehen. Ja, ganz allein sind wir nicht, aber viel los ist hier heute nicht😬. Die Hoffnung auf eine Besserung des Wetters stellt sich leider als aussichtsloser Kampf gegen die Realität heraus. Aber jetzt wollen wir es auch wissen… 🙄
Oben steigt man über Schneefelder, die durch den Regen etwas unangenehm zu überqueren sind. In der Ferne sieht man Mountain Goats, die zeigt uns natürlich wieder eine andere Hikerin: wow, ohne Hilfe würden wir wirklich gar nichts sehen. Wer weiß, an was wir schon alles vorbeigelaufen sind!
Und dann kommt die nicht-Brücke. Kein Problem hatte unsere Nachbarin gesagt, --wow, die Frau ist tough, ich stell mich echt an, nicht gerade mein würdevollster Moment. Aber meine Füße sind inzwischen das einzige, was nicht nass ist, und das will ich auch unbedingt so behalten! Zum Glück ist Nick deutlich gelassener und souveräner als ich.
Dann sind es aber nur noch zwei kleine Schneefelder und ein kurzes Stück zu gehen. Inzwischen haben wir Eisregen, wir hatten definitiv kaum mehr als 0 Grad da oben. Und dann sind wir am Iceberg Lake!
…der nicht wirklich so aussieht, wie auf den Bildern aus dem Sommer. Nicht knall-, sondern dunkeltürkis und vor allem: ohne Eisberge. Ich bin auch nicht sicher, wo die später eigentlich herkommen, vermutlich ist es der Schnee von der Seite, der dann angetaut die Felsen runterrutscht. Eigentlich bin ich fast ein bisschen überrascht, dass der See nicht zugefroren ist.
Eine tolle Farbe hat er trotzdem, und das glaciertypische kathedrale Setting, rundum von Bergen umgeben. Ist aber nicht so leicht in Bilder zu fassen, sorry.
Wir stehen also nass, durchgefroren und andächtig mit Atemwolken im Eisregen, das Bergarrangement stimmt schon feierlich.
Aber die fiese Kälte und der Regen gehen langsam doch unter die Haut, und als wir wieder losgehen, gehen wir deutlich schneller, als wir das normalerweise machen würden, weil wir doch sehr ausgekühlt sind und das langsam tatsächlich gefährlich finden. Die nicht-Brücke ist wieder richtig doof, und danach gehen wir ohne Pause den ganzen Weg in einem Rutsch. Wahrscheinlich haben wir unterwegs sogar noch unbemerkt das ein oder andere Tier passiert, aber unser aktueller Angstgegner heißt jetzt nicht Bär sondern Hypothermie. So gehen wir ziemlich zackig straight bergab, direkt bis in unser Womo, wo wir die nassen Sachen ausziehen und die Heizung anschmeißen -aber das reicht nicht, das ganze Womo wird feucht davon: also schnappen wir die nassen Sachen und gehen rüber zum Swiftcurrent Motor Inn, kaufen Wasch- und Duschmarken und waschen und trocknen unsere Sachen. Die Laundry-Facilities sind heute ein Treffpunkt für alle nassgeregneten Hiker. Während wir waschen, gehen wir auch noch die wirklich guten heißen Duschen nutzen -die Infrastruktur direkt am Campground ist toll und hat uns an diesem Abend auch wirklich gerettet.
Also, wir waren da. Der See ist auch wirklich hübsch, sogar in winterdunkel und ohne Eisberge. Wir waren ganz schön tapfer. Ich empfehle den Hike aber doch eher für einen schönen Tag, am besten im Sommer😬.
Die Nacht ist kalt. Am nächsten Tag halten wir an unserem liebgewonnenen Ritual fest, nach Nächten um den Gefrierpunkt im Hotel zu frühstücken -das war im Many Glacier Hotel auch ganz besonders nett.
Anschließend verlassen wir den Park, und auch das Land und fahren über den Chief Mountain Grenzübergang stressfrei nach Kanada, in den Waterton Lakes NP. Man muss leider zugeben, dass diesem Park auf den ersten Blick das Abgebrannt-sein leider nicht so gut steht wie dem St Mary-Gebiet, das tut einem schon leid. Aber Waterton ist eine netter kleiner Touri-Ort, leider auch mit ziemlich krassen Touri-Preisen.
Auf der Suche nach wifi schickt uns das Visitor Center zum örtlichen Spielplatz, da gibt es offizielles öffentliches Community-wifi. (Fragwürdige Entscheidung, wifi auf dem Spielplatz scheint ja nun weder für Eltern noch Kinder förderwürdig und so hängen eben auch Erwachsene ohne Kinder auf dem Spielplatz rum -so wie wir gerade. Das will man doch eigentlich nicht so gerne?!)
Auf dem Townsite Campground ist es ganz nett, aber es ist wirklich sehr windig.
Er fühlt sich insgesamt eher an wie ein wirklich toller privater Campground. Aber er ist klasse am Ort und Ufer gelegen und es gibt viele Tiere, witzige Erdmännchen, Rehe und Füchse.
Das Lagerfeuer fehlt uns schon sehr. Es regnet aber nicht, und sogar die Sonne kommt sogar raus, so dass auch die letzten Sachen, die nicht in den Trockner konnten, Rucksack und so, fast trocken werden.
Beim Stadtrundgang haben wir noch mal die Lage gepeilt, uns örtlich orientiert und die Wettervorhersage doppelt und dreifach geprüft!!!, und jetzt fällen wir die Entscheidung: wir wagen es, wir machen morgen den Crypt Lake Hike.
Schöne Grüße, Janina.
Hi Janina
Schade, dass das Wetter nicht mitgespielt hat am Iceberg Lake - aber die Fotos sind trotzdem Klasse - richtig mystische Stimmung Schade ist die Zeit im Glacier schon um....
Check, schon wieder was von meiner Liste gestrichen. Das hatte ich mir nämlich noch notiert abzuklären, ob man dort Waschen kann
Genau den Eindruck hatte ich auch, als ich mir die Bilder so angesehen habe. Aber der Waterton hat bei uns sowieso nur einen "Standby" Platz...falls alles wie gewünscht klappt, dann werden wir dort wohl keine Zeit verbringen. Wobei es dort ja schon noch den ein oder anderen schönen Hike gebe. Bin gespannt auf morgen...
Liebe Grüsse
AnnSchi
TRAVELING, it leaves you speechless, then turns you into a STORYTELLER.
Hi Janina,
Und die sieht auf deinen Bildern echt rutschig aus... Bei dem Wetter und den Temperaturen kann ich die Sorge gut verstehen, dass vielleicht die Füße auch noch nass werden könnten. Meine Laune wäre dann tiefer als die Temperatur an diesem Tag. Aber ihr habt es ja super gemeistert und wurdet mit dem tollen See-Blick belohnt!
LG Inga
Hallo AnnSchi,
ja, die Glacier-Zeit war toll, ein schönes Ziel habt ihr da vor euch.
Infrastrukturmäßig war der Many Glacier CG durch das Motel gegenüber am besten aufgestellt von allen Glacier-CGs, Duschen und Waschen ist explizit auch für die Camper, und es gibt ein Diner -nur das Wifi will Xanterra leider nicht mit den Campern teilen.
Über Waterton sprechen wir mal lieber erst nach dem Hike. 😉
Schöne Grüße, Janina.
Hallo Inga,
ja, die Baumstamm-Seite der Brücke fand ich einfach schrecklich, und ich war peinlich uncool, beim Rückweg hat mir außer Nick auch noch ein zweiter Gentleman eine Hand gereicht, dann ging es. Es sind immer alle so nett, wenn es schwierig wird auf den Hikes, das ist echt toll.
Liebe Grüße, Janina.
Hi Janina,
ja, die beiden nassen, rutschigen Baumstämme sehen da nicht sehr vertrauenerweckend aus. Da darf man Hilfe ruhig annehmen.
Viele Grüße
Bernhard
Scout Womo-Abenteuer.de
Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)
Hallo Bernhard,
ja unbedingt, das denke ich auch. Vor allem wenn einem gerade die Coolness ein bisschen eingefroren ist 😄.
Mit Brücke ist das ein ganz und gar hindernisfreier Hike, recht lang, aber für jeden machbar.
Liebe Grüße, Janina *.
Hallo Janina,
Das Gefühl von “uncool“ habe ich mir auf solchen „Brücken“ und schmalen Wegen abgewöhnt - ich mag sie halt nicht und brauche Sichtschutz bzw Hände…
Sehr tapfer von Euch diese Wanderung! Der Trockner war ne super Idee! Externes Frühstück finde ich auch gut…
Und auf dem Campingplatz konntet ihr auch die Tiere nicht übersehen (hihi)
Viele Grüße
Vera
https://www.womo-abenteuer.de/reiseberichte/vera
Reiseberichte SW 2015 + NW 2023
Hallo Vera,
ach, ihr seid alle süß mitfühlend. In Wahrheit ist es aber keine sehr dramatische Geschichte gewesen, zumindest war meine Mini-Krise schnell gelöst. Ich wollte euch auch vor allem zeigen, wie das aussieht, wenn da keine Brücke ist und jemand sagt, das sei kein Problem 😬😂
Ja, diese Campground-Tiere habe ich nicht übersehen -wir wissen natürlich nicht, ob da auch Bären langspaziert sind, denn die hätte ich wenn ja auch wieder nicht gesehen… 😂
Liebe Grüße, Janina.