Heute geht es an einen der schönsten Abschnitte der Pazifikküste: Big Sur.
Wir haben zwei Nächte auf dem Kirk Creek Campground reserviert!
Nach den massiven Erdrutschen im Winter und Frühjahr haben wir lange überlegt, ob wir diesen Campground in unserer Reiseroute lassen sollen oder nicht. Plan B wäre es gewesen, den Reiseabschnitt Big Sur komplett zu streichen, Ersatzbuchungen haben wir sogar gehabt. Die Ersatzbuchungen sind auch für den Fall gedacht gewesen, dass kurzfristig weitere Einschränkungen von behördlicher Seite aus vorgenommen werden.
Die Verlockung ist jedoch einfach zu groß. Zu schön sind die Bilder, die wir bislang von diesem Ort gesehen haben, als dass wir gänzlich auf ihn verzichten wollten.
Natürlich haben wir die Meinungen und Überlegungen gehört, in denen klar und deutlich davon abgeraten wurde, in diesem Jahr den Cabrillo Highway zu befahren, und zwar nicht wegen der Unzugänglichkeit vieler Reiseziele, sondern wegen der Behinderung von Bauarbeiten und von lebensnotwendigen Versorgungswegen der Einheimischen. Vielleicht hätten wir ja ebenso diesen Standpunkt vertreten, wenn wir in der Vergangenheit schon einmal hiergewesen wären oder wenn wir nach Belieben noch einmal in dieser Familienkonstellation hierher zurückkommen könnten. Weil dies bei uns aber nicht der Fall ist, haben wir uns zumindest die Möglichkeit offenlassen wollen, diesen schönen Abschnitt der Pazifikküste einmal hautnah zu erleben.
Wir haben die Situation in Big Sur in den letzten Monaten intensiv verfolgt und auch die Blogs der Einheimischen über die gesamte Zeit immer im Auge behalten. Nach dem, was wir dort gelesen haben, und nach den aktuellen Berichten von Leuten, die in den zurückliegenden Wochen auf dem Kirk Creek Campground waren, glauben wir nicht, dass wir bei unserer An- und Abreise den Verkehr behindern werden. Unsere Notlösungen haben wir daher rechtzeitig wieder storniert.
Wir werden über die Nacimiento-Fergusson Road anreisen, von den Einheimischen liebevoll Naci genannt. Diese Straße ist in diesem Sommer die einzig verbliebene sinnvolle Zufahrtsmöglichkeit für größere Fahrzeuge zum Kirk Creek Campground. Eine Zufahrt von Norden, über die neue Pfeiffer Canyon Bridge, dürfte erst ab Oktober wieder funktionieren, und die Wiederherstellung der Straße im Süden bei Mud Creek wird wohl weit ins nächste Jahr hinein dauern.
Nach dem Frühstück einigen wir uns auf eine kleine Arbeitsteilung. Ich fahre zum Dumpen und Frischwasserzapfen, denn an den kommenden zwei Tagen wird es dazu keine Möglichkeit geben. Meine Frau geht in der Zwischenzeit mit den Kindern kurz an den Badestrand, wo sie mal das Wasser testen wollen.
Mir ist das hier alles zu ungemütlich, ich möchte einfach nur dafür sorgen, dass wir schnell loskommen. Der Campground hat irgendwie so gar kein Flair, er fühlt sich an wie ein großer Parkplatz.
Selbst die Premium Sites auf der Strandseite hätten uns hier nicht besonders gefallen, denke ich mir, als ich auf meiner Runde zur Dump Station an ihnen vorbeifahre. Auch hier sehe ich einige größere Fahrzeuge mit eigenem Fahnenmast und Beflaggung. Das lange Labour-Day-Wochenende steht vor der Tür.
Ein bisschen hat der Campground auf uns gestern Abend schon den Eindruck von einem Platz für Dauercamper gemacht. Auch einige Urlauber hier wirken etwas steif und unbeweglich.
An der Dump Station steht vor mir ein großes Deluxe-A-Klasse-Wohnmobil. Ich muss spontan an unsere Erlebnisse bei Page, Arizona, zurückdenken. Der Fahrer hat gerade damit begonnen, den Frischwassertank seines Fahrzeuges zu befüllen. Es scheint ein sehr großer Tank zu sein, es dauert eine halbe Ewigkeit, bis er vollgelaufen ist.
Noch bevor ich mit meinem Pflichtprogramm fertig bin, sind wir auch schon wieder vollzählig. Das Wasser des Pazifik soll sehr erfrischend gewesen sein. Die Fahrt geht weiter.
Welcome back on Highway 1!
Kurz hinter Santa Cruz, an der Einmündung des Highway 17, wird es ein wenig zähflüssig. Der Verkehr aus dem Großraum San José ist hinzugekommen. Vermutlich brechen viele gerade ins lange Wochenende auf.
Hinter Moss Landing verlassen wir dann den Highway 1, weil er zur Pfeiffer Canyon Bridge hin aktuell eine Sackgasse ist. Den Umweg über Monterey sparen wir uns lieber, jetzt geht es erst einmal zum Großeinkauf bei Safeway in Salinas, bevor wir noch ein letztes Mal vor unserem Aufenthalt in Big Sur tanken und Kurs auf Naci nehmen werden.
Beim Öffnen der Wohnmobiltür auf dem Safeway-Parkplatz schlägt uns ein Hitzeschwall entgegen. Boah, ist das heiß hier!
Wir teilen uns wieder auf. Unsere Große bleibt im Wohnmobil zurück und bewacht die Klimaanlage. Wir anderen machen uns auf den Weg in den Einkaufstempel.
Im Safeway probiere ich sofort meine VISA-Karte am Geldautomaten der Wells Fargo Bank aus. Es klappt nicht, mit der VISA-Karte meiner Frau auch nicht. So ein Mist!
Allmählich komme ich ins Schwitzen. Ich habe draußen beim Einparken noch die Chase Bank gesehen, vielleicht habe ich dort ja mehr Glück.
Während der Rest schon mal den Einkauf startet, flitze ich zu den Geldautomaten der Chase. Wenn es doch heute nur nicht so wahnsinnig heiß wäre!
Es klappt auf Anhieb, ja Wahnsinn!
Zur Sicherheit hebe ich eine größere Summe ab, die bis zum Ende unserer Reise reichen sollte, man weiß ja nie. Die Summe bekomme ich in fünf 100-Dollar-Noten. Etwas ungewöhnlich.
Ich laufe zum Safeway zurück und lasse mir dort am Schalter der Wells Fargo Bank die großen Scheine in 20-Dollar-Noten tauschen, was sofort und sehr bereitwillig erledigt wird. Das Bezahlen unseres Einkaufs mit der Kreditkarte ist dann auf einmal kein Problem mehr.
Vor der Abfahrt machen wir uns auf dem Safeway-Parkplatz noch ein paar leckere Bagels, die wir gleich hier vertilgen. Jetzt werden wir ein Stückchen weiter südlich entlang des Highway 101 noch volltanken, danach kann es an die Pazifikküste gehen.
Wir fahren durch das fruchtbare Salinas Valley, welches auch unter der Bezeichnung "America's salad bowl" bekannt ist. Rechter Hand sehen wir die Bergkette der Santa Lucia Mountains, dahinter muss irgendwo Big Sur liegen.
Und der gesperrte Highway 1.
Wir halten an der ARCO-Tankstelle in Soledad. Es ist immer noch eine Affenhitze.
An der Kasse bezahle ich heute mal gleich mit Bargeld, wir haben ja jetzt genügend dabei. Nicht nur hier soll es so heiß sein, für Downtown San Francisco wurde angeblich soeben mit 106 Grad Fahrenheit ein neuer Allzeitrekord gemeldet, das sind umgerechnet 41 °C, in San Francisco!
Wir fahren weiter, an der Küste wird es hoffentlich wieder milder sein.
Eine knappe Stunde später erreichen wir auch schon die Fort Hunter Liggett Army Base, die für den zivilen Durchgangsverkehr in der Regel offen ist.
Unser Großer hat zu diesem Zeitpunkt bereits für das bevorstehende Abenteuer für uns und unser großes Schiff die passende 'Piratenmusik' aufgelegt.
Kurz darauf rollen wir über die grüne Stahlbrücke, an der die Nacimiento-Fergusson Road beginnt.
Hallo Naci!
Es liegen nun 24 Meilen kurvenreiche Strecke vor uns. Die ersten 17 Meilen wird es insgesamt leicht bergauf gehen, bis auf eine Höhe von etwa 850 Metern, wobei die Kurven immer mehr zunehmen werden. Danach, ab der Kreuzung mit der Central Coast Ridge Road und der South Coast Ridge Road, werden 7 Meilen kurvige Bergabfahrt folgen.
Am Anfang ist Naci noch harmlos.
Dann kommen aber recht bald die engeren Kurven.
Die Fahrt mit unserem 28-Füßer auf der Nacimiento-Fergusson Road macht jedoch richtig Spaß. Die Vorfreude auf unsere Campsite in Big Sur steigt von Kurve zu Kurve.
Die Strecke ist schon ein bisschen anspruchsvoller als die Bergstraßen, auf denen wir bisher unterwegs gewesen sind. Deshalb schauen wir immer nach anderen Fahrzeugen, und vor besonders unübersichtlichen Kurven bremse ich entsprechend früher ab. Solange man das beherzigt, ist das Fahren hier aber eine durchaus lösbare Aufgabe.
Es ist außerdem kaum Verkehr, und dies immerhin am Freitag vor dem langen Labour-Day-Wochenende. Nur ein einziges Mal muss ich rechts ranfahren, um zwei Pkw überholen zu lassen.
Wir haben auch keinen nennenswerten Gegenverkehr. Und wenn uns mal ein Auto entgegenkommt, gibt es immer Möglichkeiten, aneinander vorbeizufahren, selbst bei größeren Fahrzeugen. Zu unserer Überraschung ist das größte Fahrzeug, das wir auf der Nacimiento-Fergusson Road sehen, ein DHL-Auto.
Und abbremsen!
Weiter geht's.
Immer schön nach vorne schauen.
Willkommen an der Pazifikküste!
Gleich sind wir da.
In der Ferne sieht man den Campground auftauchen.
Wir erreichen den Highway 1.
Für die 24 Meilen von der grünen Stahlbrücke bis zur Auffahrt auf den Highway 1 haben wir etwas mehr als eine Stunde gebraucht, geht eigentlich.
An der Einfahrt zum Kirk Creek Campground steht das bekannte Schild: "CAMPGROUND FULL".
Trotz der Sperrung des Highway 1 ist der Andrang also ungebrochen.
Hier ist es richtig schön, das merken wir gleich beim Reinfahren, als wir auf dem Weg zu unserer reservierten Site Nr. 22 erst mal eine Runde über den gesamten Campground drehen dürfen. Ganz am nordwestlichen Ende unserer Runde, dort wo der dicke Baum steht, erreichen wir schließlich unser Ziel.
Was ist das für eine geniale Campsite!
Sie ist wie ein Balkon über dem Pazifik, mit einer Superaussicht. Der Baum ist viel größer als wir gedacht haben. Er ist eine wunderbare Klettermöglichkeit für unsere Kinder, ein schöner Schattenspender noch dazu. Und auch die Temperaturen sind hier an der Küste wieder viel angenehmer.
Wie gut, dass wir uns doch für Big Sur entschieden haben, zumal die Fahrt auf der Nacimiento-Fergusson Road ohne größere Probleme vonstattengegangen ist!
Wir müssen nur minimal leveln, dann ist Erholung angesagt.
Unsere Großen sind bereits in den Ästen des Baumes verschwunden.
Die Jüngste schaukelt am untersten Ast.
Toll!
Es ist hier auch ein völlig anderer Menschenschlag anzutreffen, vor allem im Vergleich zu unserem letzten Übernachtungsplatz. Die Leute wirken alle etwas beweglicher.
Das trifft auch auf unseren Host zu, ein lockerer, drahtiger Typ, der mit leicht federndem Gang die Campground-Straße herunterkommt. Er hat eine entfernte Ähnlichkeit mit Sting, an den ich in diesem Moment unwillkürlich denken muss, und sein Alter ist ähnlich schwer schätzbar. Er macht gerade seine Abendrunde, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Wir kommen ins Gespräch, er gibt uns unsere Registrierungskarte und erklärt uns kurz die wichtigsten Dinge.
Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht zum Francis Beach Campground. Nicht nur was die atemberaubende Lage an diesem rauen Küstenabschnitt betrifft. Die ganze Atmosphäre hier ist viel entspannter.
Während die Kinder sich austoben, genießen wir den Sonnenuntergang.
Es geht natürlich auch beides gleichzeitig.
Und wir dürfen zwei Nächte hierbleiben? Cool.
Die Abenddämmerung hat begonnen, unser Lagerfeuer ist inzwischen entfacht und der Gasgrill angeworfen. Heute soll es Piratenspieße mit Kartoffelbrei geben, lecker!
Nur ein bisschen schummrig ist es mittlerweile geworden.
Könnte man nicht etwas Oberlicht organisieren, der Baum bietet sich doch geradezu dafür an?
Unser Chefbeleuchter hat da sofort eine Idee, er hat ja schon bisher immer mit wenig Mitteln für stimmungsvolles Licht gesorgt. Eine Kette aus S-Haken ist in null Komma nichts an einem Ast befestigt, die Campingleuchte montiert , der Tisch gedeckt, eine große Schüssel mit Salat hinzugekommen. Wir lassen uns unsere Piratenspieße an der Pazifikküste so richtig schmecken.
Unser Tag klingt bei Marshmallows am Lagerfeuer aus, bis zuerst unsere Kleine und später auch unsere beiden Großen müde werden.
Schön hier.
Ich räume draußen noch auf und mache anschließend ein letztes Foto von unserer Campsite bei Nacht. Auf dem Tisch liegt noch ein Holzspieß mit zwei Marshmallows, die ich nach dem Foto über die Glut des Lagerfeuers halten will.
Als ich zu meinem Spieß mit den zwei Marshmallows zurückkehren möchte, sind diese abgezupft, und ich sehe zwei kleine verräterische Spuren davor. Der Waschbär muss zuvor durch das Fett gelaufen sein, das uns beim Grillen auf den Tisch getropft ist. Von dem Tier selbst sehe ich nichts. Diesmal ist unser Freund Raccy erfolgreich gewesen.
Ich gönne ihm seinen Spaß, stelle noch alles rein, dann ist Schlafenszeit.
Es ist eine herrlich ruhige Nacht über dem Meer. Man hört nur noch das leise Rauschen der Brandung. Wir freuen uns auf unseren morgigen Tag in Big Sur, wir haben ja eine Doppelübernachtung.
Hallo Alex,
Oh ich beneide euch ein wenig. Wir waren ja im Frühling 2017 unterwegs und nur ein paar Tage vorher wurde die Straße gesperrt. Wir konnten damals aber überhaupt nicht ran fahren. Das war sehr schade. Aber ein Grund zum wieder kommen :). Ich freue mich auf euren nächsten Tag. Und mit dem Waschbären habt ihr ja echt viel zu tun :D
LG
Christina
Servus Alex,
jetzt weißt du warum alle vom Kirk Creek schwärmen, und dann noch die Site 22.
Liebe Grüße
Micha
Scout Womo-Abenteuer.de
Meine Reiseberichte
YouTube
Hallo Alex,
Sehr schön! Herrlicher Platz!
Grüße
Bernhard
Scout Womo-Abenteuer.de
Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)
Hallo Christina,
Schade, dass ihr dort nicht hinfahren konntet. Am Anfang sah es tatsächlich noch ziemlich düster aus. Die Nacimiento-Fergusson Road als einzige Zufahrtsstraße war sogar vorübergehend ebenfalls beschädigt gewesen, durch den Schwerlastverkehr für die Baustellen. Die Lage wurde dann aber von Monat zu Monat entspannter, trotz des großen Erdrutsches am Mud Creek. Und ja, ein Grund wiederzukommen ist die Gegend auf jeden Fall.
Die Waschbären waren zum Ende unserer Reise hin wirklich ein Dauerbrenner geworden. Nur weitere Fotos von ihnen konnten wir keine machen, weil die Kerlchen immer erst im Schutz der Dunkelheit auf Beutezug gingen.
Hallo Micha,
Site 22 ist wirklich ein Traum. Viele schwärmen auch von Site 9, dort geht allerdings direkt an der Westseite der Trail zum Strand vorbei. Aber schön ist der Kirk Creek eigentlich auf jeder Site.
Hallo Bernhard,
Du sagst es! Es war auch nicht ganz einfach gewesen, dort zu reservieren, damals schon.
Viele Grüße
Alex
I love not man the less, but nature more
Reisebericht "The Big Circle" (LAX-LAX)
Hallo Alex,
unser User Arizona-Gerd hat an anderer Stelle ein Video über die Fahrt auf der Nacimiento-Fergusson-Road eingestellt.
Es wird einem zwar recht schwindelig bei dem Tempo (der ganze Clip nur 3:22 Min) , aber er gibt einen guten Eindruck dieser Straße, wenn sie dann wieder in 2023 zu befahren ist.
Zur Beruhigung schaut man oben dann nochmals deine Bilder an . :-) .
Grüße
Bernhard
Scout Womo-Abenteuer.de
Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)
Hallo Bernhard,
danke, dieses Video kenne ich sogar aus der Zeit unserer Reisevorbereitungen.
2017, als der Highway 1 gesperrt war, gab es bereits eine Handvoll solcher Mitschnitte von Fahrten entlang der Nacimiento-Fergusson Road im Netz zu finden. Das von Gerd verlinkte aus deinem Kommentar #6 war auch dabei gewesen, auch das andere hier im Forum veröffentlichte. Inzwischen sind es ein paar mehr geworden:
https://www.google.com/search?q=nacimiento+fergusson+road&source=lnms&tbm=vid
Mir haben diese Videos damals geholfen, schon vor der Fahrt ein ungefähres Gefühl von der Strecke zu bekommen.
Viele Grüße
Alex
I love not man the less, but nature more
Reisebericht "The Big Circle" (LAX-LAX)