Tag 05: The Narrows

Am Morgen stehen wir früh auf, unsere Rucksäcke haben wir gestern Abend noch gepackt, frühstücken und laufen zu den shuttles. Das erste sollte um 6 Uhr fahren, aber da ist schon eine Schlange und so steigen wir erst in das dritte; es fährt aber eins nach dem anderen. Wir sind etwas besorgt, weil das shuttle schon so voll ist, aber an der Haltestelle für Angel’s Landing steigt ungefähr die Hälfte der Leute aus. Gott sei Dank. Dass es hier so früh am Morgen schon so voll ist!

Am Temple of Sinawava steigen wir aus, gehen nochmal auf’s Klo, und laufen dann um 6.30 Uhr den Riverside Walk zu den Narrows. Schon hier lichtet sich die Menge. Manche rennen davon, manche schleppen sich müde vorwärts, wir sind eher im Mittelfeld, und als wir dann endlich in den Narrows sind, sehen wir nur noch sehr wenige Leute. Es verteilt sich, oft sind wir auf Sichtweite ganz allein, wie schön. Dann wieder werden wir von irgendwelchen Sportfreaks überholt, manche joggen. Das haben wir auf unserer Reise immer wieder erlebt, dass Verrückte durch die Gegend joggen, ohne die Natur zu genießen: im Bryce Canyon, den Grand Canyon rauf und runter, in den Rockies auf jedem trail und sogar im Yellowstone! Dafür ist diese Landschaft eigentlich viel zu schade!

                                   Riverside Walk

Ich habe im Vorfeld lange überlegt, was wir anziehen: jetzt haben wir alte Turnschuhe mit Wollsocken an (das reicht, soo kalt ist der Virgin River nun auch wieder nicht, unsere Eisbäche in den Alpen sind um einiges kälter). Außerdem haben wir jeder einen Stock, und der leistet  - auch den Kindern – gute Dienste. Pässe usw. sind in einer kleinen wetbag im Rucksack. Womit ich nicht gerechnet hatte, ist die Kälte. So früh am Morgen ist es im Canyon noch sehr kühl, ich habe zwar einen leichten Wollpulli an, aber mich fröstelt es trotzdem. Und dabei sollten wir hier in den USA im Juni immerfort schwitzen. Unsere Hüte haben wir jedenfalls umsonst mitgenommen, die nerven nur…

Es ist noch ziemlich dunkel

Wir laufen durch den Slot Canyon, es kommt wenig Licht hier rein so früh am Morgen. Die Wassertiefe ändert sich dauernd: mal bis zu den Knöcheln, mal bis zu den Knien und (bei mir, die anderen sind ja größer) auch bis zum Bauchnabel. Der Canyon ist toll, wir sind noch nie in einem Fluss gewandert und sind begeistert.

Nach etwa einer Stunde rasten wir und essen was. Ich gehe ein Stück weiter, um irgendetwas anzuschauen, als plötzlich nicht weit weg von mir ein Stein ins Wasser kracht, der kam von ganz oben. Auch in den Alpen habe ich Angst vor Steinschlägen, diesen hier auf den Kopf zu kriegen, wäre fatal gewesen. Instinktiv will ich wegrennen, und falle prompt über alle Steine, die hier groß und klein überall liegen. Oh, das tut weh! Mein Hüfte, aber noch schlimmer mein Schienbein! Vorsichtig bewege ich mich, nein gebrochen ist wohl nichts. An der Hand und an einem Knie blute ich, und mein Schienbein am anderen Bein hat schon jetzt eine Riesenschwellung. Ich brauche was Kaltes, also gehe ich wieder ins Wasser. Erst überlege ich noch, ob ich mit der Wunde am Knie überhaupt ins Wasser soll, es gibt ja die cyanobacteria, aber es nützt nichts, es tut zu weh, und zurück muss ich ja auf jeden Fall durchs Wasser. Nach einer Weile geht es besser, und wir laufen weiter. Ich bin hart in Nehmen, so lange habe ich auf diese Reise gewartet, so sehr habe ich mich auf diese Wanderung gefreut, das lass ich mir jetzt nicht nehmen. (Mein gesamtes Schienbein ist dann mehr als einen Monat grün und blau, obwohl ich es fleißig mit Arnikasalbe einreibe. Und die Narbe am anderen Knie habe ich jetzt noch J ).

Über solche Steine hat's mich geschmissen...

Wir laufen weiter, jetzt ist auch noch Klettern angesagt, wenn man nicht direkt schwimmen will. Das ist sehr lustig, wir beobachten die wenigen Leute, die kommen. Viele drehen wieder um. Wir helfen uns gegenseitig (die Großen den Kleinen) und laufen weiter.

Nach der Wall Street ist der Canyon aber nicht mehr so spannend, und nach einer Weile (wir machen nochmal Pause und essen) drehen wir wieder um. Wieder Klettern und zurück geht es. Mittlerweile ist die Sonne an mehreren Stellen im Canyon angelangt, und da mir und meiner Tochter kalt ist, suchen wir diese Sonnenstellen, um uns aufzuwärmen. Wir kommen am Abzweig zu den Wasserfällen vorbei, eigentlich möchte ich die auch noch sehen, ich bin halt sehr neugierig, aber ich zittere schon länger, und der Canyon dorthin ist eng und dunkel, keine Sonne. Die anderen sind auch nicht scharf drauf und so laufen wir weiter.

Ab hier ungefähr kommen uns Massen von Leuten entgegen, es geht zu wie in der Fußgängerzone in München, ganz unglaublich! Manche haben Neopren Kleidung und schwimmen extra durch die tiefen Stellen, andere haben nur Flip Flops, man sieht echt alle Varianten. Manchmal weiß man gar nicht, wo im Fluss man jetzt gehen soll, so voll ist es. Ich bin etwas genervt nach der Stille vorher.

Wir sind froh, als wir wieder beim Riverside Walk sind. Ich ziehe meine Turnschuhe aus und Flip Flops an, damit ich keine Blasen bekomme, die anderen fanden das unnötig, sie bekommen auch keine Blasen, hatten also Recht. Um kurz vor eins nehmen wir das shuttle, noch gibt es keine langen Schlangen, und fahren zum CG zurück. Auf der Fahrt dorthin stoppt die Fahrerin und  zeigt uns Rehe, ein „Bambi“ ist auch dabei, und es gibt eine helle Aufregung im shuttle. Das wundert uns ein bisschen. Klar, das Rehkitz ist süß, aber so eine Begeisterung bei Erwachsenen erstaunt uns; als ob sie noch nie Rehe gesehen hätten…

Zurück im CG: Da die Duschen ja geschlossen sind, duschen wir alle im Camper, das geht ruckzuck: Wasser an, nass machen, Wasser aus, mit wenig Seife waschen, Wasser wieder an, abspülen, fertig. Haare waschen wir diesmal nicht (alle außer meinem Mann haben wir lange Haare), die sind ja nicht nass geworden, und geschwitzt haben wir auch nicht! Den Rest des Nachmittags verplempern wir, ich bin immer noch mit dem Einräumen nicht ganz fertig, außerdem wähle ich Fotos aus, die ich Freunde und Familie schicken will. Bevor wir abgereist sind, habe ich eine what’s app Gruppe mit unseren engsten Freunden und Verwandten gemacht (die interessiert waren), um nicht allen einzeln Fotos zu schicken und zu sagen, wo wir sind. Mein Mann war erst skeptisch, das schaut doch nach Angeben aus, aber für mich war es einfach praktisch. Da in der Gruppe sowohl Deutsche als auch Italiener sind, schreibe ich die Texte alle in beiden Sprachen, dafür brauche ich etwas Zeit. Vor allem, weil wir ja nie Internet haben, und die Fotos, die ich schicke, alle vom i-phone meines Mannes sind (die Fotos, die unsere Tochter mit ihrem Fotoapparat macht, habe ich immer noch nicht gesehen). Ich schicke also 20-25 Fotos vom Handy meines Mannes an mich, dann wähle ich die schönsten und schicke sie mit zweisprachigem Text in die What’s app Gruppe, möglichst alle gleichzeitig, so dass man die Gruppenmitglieder nicht dauernd stört. Das war schon ein bisschen Arbeit, aber alle haben sich ehrlich gefreut, sie sind mit uns mitgereist, wenn auch immer mit 3-4 Tagen Verspätung, wir hatten einfach zu wenig Internet.

Mein Mann macht derweil Fotos, schaut sich fremde Camper an, redet mit den Leuten, das tut er sehr gern, und die Kinder laufen mit ihren Handys zum Visitor Center. Am Abend wird gegrillt, dann gehen wir müde ins Bett.