Womo-Abenteuer

Nordamerika im Wohnmobil erleben!

Tag 39: Frontier Days in Cheyenne

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Cla
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Beigetreten: 24.06.2019 - 14:55
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Tag 39: Frontier Days in Cheyenne
Eckdaten zum Reiseabschnitt
Reisedatum: 
Samstag, 23. Juli 2022
Gefahrene Meilen: 
0 Meilen
Besuchte Highlights: 

Nach der schlechten Nacht wache ich ziemlich gerädert auf, aber länger schlafen ist nicht, wir wollen ja den Umzug im Stadtzentrum sehen. Nach einem schnellen Frühstück im Womo fahren wir ins Zentrum, wo wir einen bequemen Parkplatz finden, ich setze meinen neuen Cowboyhut auf, den ich heute nicht mehr ablegen werde, und wir laufen mit vielen anderen in Richtung Umzugsroute. An den Straßen und Kreuzungen stehen und sitzen (auf Campingstühlen) schon viele Menschen, oft ganze Familien, ausgerüstet mit Essen und Getränken. An einer Kreuzung finden wir große Blumenkübel, auf denen es sich relativ bequem sitzen lässt, in vorderster Reihe, gut, dass wir früh gekommen sind. Um 9.00 Uhr beginnt die Parade und ich bin sehr überrascht davon, wie vielfältig sie ist. Selbstverständlich gibt es Cowboys auf Pferden, viele Misses Rodeo der Vorjahre (natürlich alle auf Pferden), alte Siedlerwagen, Postkutschen und andere Gefährte aus dem Wilden Westen. Aber auch aktuelle Politiker und der City Council fahren vorbei, ebenso wie alte und neue Feuerwehrwagen, Armeefahrzeuge, alte und neue Traktoren, Oldtimer, aber auch Riesenlaster.

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

    

 

 

Außerdem kommen Blaskapellen und Cheerleader vorbei, sämtliche Schulen von Cheyenne sind genauso dabei wie Sportvereine. Alte und aktuelle Zeiten, es ist eine wilde Mischung, grell, laut und bunt. Es sind hunderte von Pferden, die hier brav vorbeilaufen, nur ab und zu ist mal eines nervös, aber es kommt einem so vor, als könne jeder hier reiten (wir leider nicht…). Lassos werden geschwungen, und schöne Mädchen reiten auf ihren Pferden stehend vorbei. Auch Native Indians sind dabei und wilde Mexikaner auf wilden Pferden (die sind echt toll, wie die reiten können, wow!).

 

    

 

    

 

    

 

Die Sonne scheint und es ist heiß. Ein ärmlicher Mann verkauft ein paar Flaschen Wasser, und seine kleine Tochter, mager und verhetzt, hilft ihm. Wir haben unser eigenes Wasser dabei, aber das Mädchen tut mir leid, alle diese fröhlichen Menschen hier - und sie muss Wasser verkaufen. Während ich noch nach meinem Geld suche, sind sie schon weitergegangen, keiner hat etwas gekauft. Wie viel Armut es in diesem reichen Amerika doch gibt!

Der Umzug geht indessen weiter, wir sehen Soldaten in historischen Uniformen und echte Soldaten von heute. Die bekommen besonders viel Applaus, genauso wie die Veteranen und die Polizei. Fast alle Menschen am Straßenrand stehen auf, nehmen ihre Cowboyhüte ab, und klatschen und pfeifen, was das Zeug hält.

 

    

 

 

Plötzlich ändert sich das Wetter, Wolken ziehen auf, es wird immer windiger, dann fängt es an zu regnen, und zwar richtig. Und obwohl die Parade noch nicht zu Ende ist (es dauert aber sicher nicht mehr lang, wir sind schon seit 1 Stunde hier und die Parade soll eineinhalb Stunden dauern), packen die Zuschauer ihre sieben Sachen und laufen zu ihren Autos. Auch wir gehen zu unserem Womo und fahren rasch in Richtung Frontier Park. Inzwischen scheint die Sonne wieder und es ist warm. Diesmal parken wir umsonst in einer kleinen Nebenstraße gleich beim Eingang zur Old Frontier Town. Heute müssen wir keinen Eintritt zahlen, denn wir haben Tickets fürs Rodeo und das Indian Village, wo wir die Tänze sehen wollen, kostet nichts. Wir schaffen es, noch vor 11.30 Uhr dort zu sein und bekommen noch einen Platz im Schatten: Rund um den Tanzplatz stehen Bänke, einige sind überdacht. Bevor die Vorstellung beginnt, können wir sogar noch etwas essen. Dann kommt eine ältere Indianerin, sie wird jeden Tanz erklären und die Tänzer vorstellen. Und nach einer kurzen Einleitung bittet sie die Zuschauer (der Platz ist inzwischen voll) aufzustehen und ihre Hüte abzunehmen, die Vorstellung beginne mit dem Einzug der Tänzer und der „Nationalhymne“ der natives. Ich bin erstaunt, dass man den Patriotimus der weißen Amerikaner hier eins zu eins wiederfindet, halt auf „indianisch“. In der Mitte des Tanzplatzes sitzen die Musiker, 4 Trommler, die auch singen. Neben uns sitzt eine native, sie trägt Jeans, ein weißes T-Shirt und Sonnenbrille, ich erkenne sie als native eigentlich nur daran, dass sie mitsingt und sich rhythmisch zu den Trommeln bewegt. Schön, also auch hier nicht nur Touristenfalle. Die Tänzer sind Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer, die bunt geschmückt, mit kleinen Schritten einmal um den Platz ziehen. Nach der Hymne setzen wir uns wieder und schauen den Tänzen gebannt zu. Während die Trommelmusik mit dem Singsang für meine Ohren sehr ähnlich ist (obwohl sie mir sehr gut gefällt), sind die Tänze alle sehr unterschiedlich (und dauern höchstens 5-10 Minuten pro Tanz). Die Vorstellung ist toll, am besten gefallen uns der Tanz der Mädchen „Flug der Schmetterlinge“ oder so ähnlich, und der Tanz der jungen Männer „Traum der jungen Männer“. Es sind sehr dynamische Tänze, vor allem die jungen Männer tanzen, dass die Fetzen fliegen (im wahrsten Sinne des Wortes, einem fällt sogar ein Teil seines Federschmucks ab). Ich fühle mich entschädigt für die langweilige Vorstellung im Indian Pueblo Cultural Center in Albuquerque. Auch einen komplizierten Reifentanz gibt es, die kleinen Töchter der Tänzerin dürfen mittanzen und können auch schon ein paar Figuren zeigen.

 

    

 

    

 

    

 

    

 

     

 

Nach 1 Stunde tanzen Zuschauer und natives noch einen Freundschaftstanz im Kreis zusammen, dann müssen wir schleunigst zum Rodeo, das preprogram hat vor einer Viertelstunde angefangen (12.30 Uhr). Als wir dort ankommen, sehen wir, dass es einige der Tänzer sind, die wir gerade im Indian Village gesehen haben, wir haben also nichts verpasst!

Ich habe uns Plätze ganz nah an den Boxen reserviert, aus denen die Cowboys auf den Pferden und Stieren hinauskommen, von hier aus sehen wir richtig gut. Die Platzempfehlung (Section EL-109 Row C Seat 17-20) hatte ich von einer amerikanischen Internetseite und gebucht habe ich sie 2 Tage, nachdem der Kartenverkauf begonnen hatte (kein Rückgaberecht). Aber wir sind auch am Rand, so dass wir leicht aufstehen können. Rund um uns herum sitzen nur Amerikaner, alles begeisterte Rodeofans, die sich auskennen und viele der Cowboys kennen, wie man an ihren Kommentaren merkt. Hinter uns sind die ganzen Gehege mit den Tieren, das ist auch ganz interessant.

 

    

 

    

 

    

 

Natürlich geht es auch hier wieder sehr nationalistisch zu, mehr noch als am 4th of July und der Parade heute Morgen. Alle stehen auf, Cowboyhüte in der Hand, Kopf geneigt, wir beten für Amerika, das Militär und die Veteranen. Danach kommt die Nationalhymne, ein 8jähriges Mädchen aus Cheyenne singt sie, etwas schrill wie ich finde, aber die Amerikaner klatschen begeistert. Danach wird eine Polizistin geehrt, die einen bewaffneten Verbrecher erschossen hat. Es war zwar Notwehr, denn sie wurde selbst angeschossen; trotzdem ist es für uns befremdlich, wie die Frau bejubelt wird. Mein Mann meint, in Italien müsse die Frau sich vor Gericht verantworten, auch wenn sie Recht hätte. Jemanden zu erschießen, auch aus Notwehr, ist immer tragisch, und nichts, was man bejubeln sollte!

Dann beginnt das Rodeo mit den Wildpferden: eine Herde von ca. 15 Pferden galoppiert über den Platz, die Cowboys treiben sie mal hierhin, mal dahin. Es sind wunderschöne, wilde, starke Tiere, und vielleicht meine Lieblingsnummer.

 

    

 

Danach gibt es das Bareback Riding, dabei reiten die Cowboys ohne Sattel auf ungezähmten Pferden. Es schaut toll aus, hier sind Amerikas Beste am Start. Nicht viele werden abgeworfen, die meisten springen von ihrem Pferd zu dem eines anderen Cowboys rüber, wenn sie die vorgesehene Zeit erreicht haben. Dazu wird das wilde Pferd von 2 Helfern auf ihren Pferden in die Mitte genommen, sozusagen eingequetscht, und der Cowboy setzt sich bei einem von ihnen hinten drauf. Das alles, während die Pferde in rasend schnellem Tempo hierhin und dahin rennen. Wow! Danach muss das wilde Pferd mit Lassos eingefangen werden oder von anderen Pferden zum Ausgang in den Pferch gedrängt werden. Manche Pferden rennen fast von selbst dorthin, aber andere sind sehr wild und aufgeregt, bocken und schlagen um sich. Das Ganze ist fast so spannend wie das Reiten selbst.

Fun Fact: Jeder Cowboy hat den obligatorischen Cowboyhut auf, der nach wenigen Sekunden durch die Luft fliegt, und den sie am Ende immer aufsammeln und den Staub abschlagen. Wir fragen uns, ob es nicht bequemer wäre, gleich ohne Hut zu starten…

 

    

 

    

 

   

 

    

 

Danach kommt das Breakaway Roping der Cowgirls: Ein Lasso muss um den Hals eines kleinen Kalbs geworfen und dann sofort losgelassen werden, so dass das Kalb das Seil hinter sich herzieht. Das ganze sieht harmlos aus, die Schwierigkeit ist es, das Lasso richtig zu werfen, denn die Kälber rennen sehr schnell, die Cowgirls müssen im Galopp werfen. Nicht alle schaffen es.

 

Die nächste Disziplin ist das bekannte Bull Riding. Der Cowboy, der diesmal keinen Hut trägt, sondern einen Helm, hält sich so lange er kann auf dem Rücken des Stiers; wenn er runterfällt, lenken ihn Clowns vom Cowboy ab. Dann werden 2 Lassos um seinen Hals geworfen und er wird vom Platz gebracht. Viele Stiere mögen das nicht, sie kämpfen, bocken, überschlagen sich und fallen hin. Das schaut nun doch eher nach Tierquälerei aus. Aber unter den Coyboys sind tolle Reiter, manche springen zum Schluss runter, weil der Stier sie nicht abschütteln kann. Es ist trotz allem mitreißend, auch wenn mir die Stiere manchmal leidtun.

 

Danach kommt, untermalt von Countrymusic wie jede Disziplin, das Tie Down Roping. Der galoppierende Cowboy muss einem rennenden Kalb ein Lasso um den Hals werfen, von seinem Pferd springen und dem Kalb die Beine fesseln. Das Ganze in so wenig Zeit wie möglich. Das finde ich nun definitiv ein wenig brutal. Andererseits kann ich mir vorstellen, dass die Cowboys das früher wirklich gemacht haben, halt nicht so schnell. Ich bin froh, als es vorbei ist.

 

Dann gibt es eine Pause, Cowgirls rasen mit Fahnen auf galoppierenden Pferden vorbei, mal stehen sie auf ihnen, mal hängen sie seitlich, mal springen sie ab und wieder auf, und das alles bei einem Tempo, dass einem schwindelig wird. Das Ganze erinnert ein wenig an Zirkusnummern und schaut echt toll aus.

 

Nach dieser Einlage gibt es das Saddle Bronc Riding: hierbei muss sich ein Cowboy eine bestimmte Zeit im Sattel halten, aber auch Eleganz ist gefragt. Auch die Sprünge des Pferds werden bewertet. Ansonsten ähnelt es sehr dem Bareback Riding.  

Am Anfang reiten die Männer, danach kommen auch noch Frauen. Man sieht, dass es für sie schwieriger ist, die Männer sind wohl doch kräftiger. Ein Cowgirl kann lange im Sattel sitzen bleiben, das Pferd kommt bockend bis zu den Metallbarrieren auf der anderen Seite, dort wirft es die Reiterin ab. Diese knallt mit dem Kopf an die Stangen und bleibt regungslos liegen. Erst passiert nichts, dann kommt jemand langsam dorthin, das Mädchen rührt sich nicht. Mir wird übel, ich fühle mich so schlecht, dass ich nach hinten gehen muss, mir das Gesicht kalt waschen und eine Weile im Schatten stehen. Ich hasse das ganze Rodeo, warum nur wollte ich hierher? Mein Sohn kommt nach mir schauen, und wir gehen wieder nach vorn. Es sind mindestens 5 Minuten vergangen, und das Cowgirl steht gerade mühsam auf und läuft langsam zu den Boxen zurück. Das Publikum applaudiert ausgiebig, aber ich denke, dass sie wohl eine Gehirnerschütterung hat und lieber nicht laufen sollte. Ich weiß heute noch nicht, was ihr passiert ist, bin aber überzeugt, dass es nicht harmlos war!

 

Die nächste Nummer ist das Team Roping. Dabei jagen 2 Cowboys ein Kalb, einer muss ihm ein Lasso um den Hals werfen, der andere um die Hinterbeine. Auch das schaffen bei weitem nicht alle, es ist sehr schwierig, dem rennenden Kalb das Lasso um die Hinterbeine zu werfen. Ist das Tier gefangen, fällt es oft hart auf den Boden und auch diese Disziplin gefällt mir nicht.

 

Das Steer Wrestling, das danach kommt, ist hingegen für den Stier harmlos, und wenn ich nicht so geschockt gewesen wäre, hätte es mir sicher gefallen: Zwei Coyboys jagen einen jungen Stier, einer der Cowboys springt von seinem galoppierenden Pferd und packt den jungen Stier an den Hörnern, um ihm dann den Kopf auf den Boden zu drücken. Das erinnert oft wirklich an wrestling, der Stier ist zwar noch ziemlich jung, aber schon sehr stark. Auch hier geht es um die Zeit. Sobald der Cowboy es geschafft hat, lässt er los, und der Stier rennt davon. Es ist ziemlich unterhaltsam. Im Hintergrund (hinter den Barrieren) machen Mädchen allerlei Tricks mit Lassos, es schaut ziemlich schwierig aus.

 

Am Ende gibt es noch ein Barrel Racing, von dem wir keine Fotos mehr gemacht haben, dann ist das Rodeo pünktlich um 16 Uhr aus.

Wir gehen schnell in Richtung Ausgang: da wir heute noch so weit es geht fahren wollen, wollen wir lieber nicht in einem traffic jam stecken bleiben. Aber alles geht gut, wir kommen zügig aus der Stadt und fahren in Richtung Cody. Nach Wheatland, wo es im Lewis Park gratis campsites gibt, sind es 70 Meilen. Besser wäre es, wir kämen bis nach Douglas, das sind 130 Meilen, was wir dann auch bequem schaffen. Im Riverside Park CG kann man umsonst stehen, es gibt Waschhäuser mit WC und Duschen, die meine Familie auch gleich nutzt. Ich dusche lieber im Womo. Außer uns sind noch 2 Autos da und ein Zelt ist auf der Grünfläche aufgeschlagen (das ist eigentlich verboten und muss später auch abgebaut werden). Wir essen im Womo und gehen schlafen. Ich bin immer noch geschockt…

Am nächsten Morgen sehe ich noch 2 Womos, die sind wohl spät in der Nacht noch gekommen.

 

PS Die Qualität vieler Fotos ist leider schlecht, es sind screen shots von Videos... Tut mir leid!

scanfan
Bild von scanfan
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Beigetreten: 27.06.2013 - 16:37
Beiträge: 4278
RE: Tag 39: Frontier Days in Cheyenne

Servus Claudia,

 

An den Straßen und Kreuzungen stehen und sitzen (auf Campingstühlen) schon viele Menschen, oft ganze Familien, ausgerüstet mit Essen und Getränken

So einen Umzug (in kleineren Rahmen) hatten wir 2004 in Kanab miterlebt. Ist schon beeindruckend.

 

Ich weiß heute noch nicht, was ihr passiert ist, bin aber überzeugt, dass es nicht harmlos war!

Schaut nicht nur gefährlich aus, ist es auch wohl.

 

Das war ein Tag gespickt mit Erlebnissen, die ihr so schnell nicht vergessen werdet.

Liebe Grüße

Micha
Scout Womo-Abenteuer.de

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Cla
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Beigetreten: 24.06.2019 - 14:55
Beiträge: 489
RE: Tag 39: Frontier Days in Cheyenne

Hi Micha

ja, es war echt ein langer Tag. Aber am nächsten saßen wir viele Stunden faul im Womo und haben die Erdrücke verdaut...

Ciao Claudia