Tag 36: Brainard Lake / Long Lake / Lake Isabelle - Boulder

Heute wandern wir vom Brainard Lake über den Long Lake zum Lake Isabelle. Und obwohl wir eigentlich sehr früh aufstehen wollten, um vielleicht einige Tiere zu sehen, starten wir erst (mit Mühe) um Viertel nach sieben am campground. So viel ich verstanden habe, darf man ohne Reservierung und Fee nicht auf dem Parkplatz des trailheads parken, auch wenn man einen Platz auf dem campground hat. Aber das ist kein Problem, wir laufen auf einem kleinen Waldweg dorthin. Tiere sehen wir leider keine, Menschen zum Glück aber auch nicht, wir sind allein unterwegs.

                     Brainard Lake in der Morgensonne, noch ohne Menschen

Als wir dann 20 Minuten später am trailhead sind, ist der Parkplatz schon gut gefüllt und der trail genauso. Wir laufen durch eine wunderbare Berglandschaft und viel Wald zum Long Lake. Schade, dass es schon so voller Menschen ist. Direkt hinter uns läuft eine Gruppe Frauen in den Sechzigern, sie haben teilweise nur eine kleine Flasche Wasser in der Hand. Und sie reden und reden und reden, es ist wie auf einem Klassenausflug, und wir sind langsam genervt. Wir versuchen, ihnen davon zu laufen, aber sie heften sich an unsere Fersen (ohne es zu merken). Wir versuchen, sie vorbei zu lassen, da laufen sie plötzlich so langsam, dass wir sie doch wieder überholen. (Das Ganze erinnert mich ans Autobahnfahren: da gibt es auch so Leute, die sich immer hinten dranhängen: fährst du langsam, fahren sie auch langsam, gibst du Gas, dann geben sie auch Gas. Sooo nervig, obwohl ich überzeugt bin, dass sie das gar nicht merken, wahrscheinlich denken sie an ganz was anderes.) Schließlich ist mein Mann, der auch nicht immer leise ist, so genervt, dass er mitten auf dem schmalen Pfad stehen bleibt und plötzlich sehr viel zu fotografieren hat, während wir schnell weiter laufen. Die Frauen bleiben auch stehen und fotografieren, und als wir weit genug weg sind, gibt mein Mann den Weg frei und rennt uns nach. Jetzt haben wir sie endlich abgehängt; da sie uns nicht mehr sehen, gehen sie nun endlich in ihrem eigenen Rhythmus.

                Long Lake

Trotzdem gibt es genügend Wanderer, die uns immer wieder überholen, und auch Gegenverkehr setzt ein: wann sind die denn losgelaufen? Wahrscheinlich waren sie nur bis zum Long Lake. Wir hingegen laufen weiter bis zum Lake Isabelle (3.315 Meter über dem Meeresspiegel). Dieser Hike wird oft als der Schönste in ganz Colorado beschrieben und es stimmt, die Landschaft ist wunderschön. Für Leute, die oft in die Berge gehen, natürlich lang nicht so besonders wie die Landschaft in Utah, trotzdem genießen wir die Berge, das Gün der Natur und das Blau der Seen und des Himmels sehr.

Auch im Forum hatte ich schon gelesen, dass diese Wanderung noch schöner ist als die zum Emerald Lake oder Lake Haiyaha im Rocky Mountain National Park. Das werden wir morgen selbst beurteilen können, aber ich nehme es mal vorweg: uns hat die Wanderung im Rocky Mountain NP noch besser gefallen. Unglaublich voll waren beide Wanderwege. In den 7 Wochen, die wir in den USA unterwegs waren, war es hier am vollsten (ausgenommen die Narrows im Zion nach 10 Uhr).

Der Pfad zum Lake Isabelle ist ein bisschen weniger bevölkert, überall rasten Leute, um wieder zu Atem zu kommen, die Luft ist dünn hier oben. Auch wir spüren das, und machen immer wieder eine Verschnaufpause. Der Weg geht an einem kleinen Bach entlang, viele Blumen blühen und es riecht nach Wald. Wie schön und friedlich es hier ist! Die Landschaft ist wundervoll, und je weiter rauf wir kommen, umso weniger Bäume gibt es. Wir sehen Felsen und Schnee, über uns kreisen Vögel. Auch einen großen Bach und kleinere Wasserfälle gibt es. Oben angekommen, setzen wir uns auf einen Felsen und essen. Auch hier betteln die Chipmonks, bekommen aber nichts von uns. Am hinteren Ende des Sees liegt Schnee. Unser Sohn würde gern bis dorthin laufen, aber erstens gibt es keinen wirklichen Pfad dorthin und zweitens haben wir nicht genug Zeit. Heute Nachmittag wollen wir noch nach Boulder und dann in den Rocky Mountain NP.

Also laufen wir zurück, machen das Womo startklar und fahren ab. Als wir aus dem Park hinausfahren, sehen wir noch eine Gruppe Moose.

Um ca. 13 Uhr kommen wir in Boulder an, finden einen gratis Parkplatz in einer schönen grünen Allee ganz in der Nähe des Zentrums und laufen nach einem kleinen Mittagessen los. Ich habe Boulder als einen der schönsten Orte meiner Reise vor 30 Jahren in Erinnerung. Damals war der Ort eher klein, voller Studenten und einer alternativen Szene. Der Weg entlang des Boulder Creek war idyllisch und Privatleute luden in ihre wunderschönen Blumengärten zum Verweilen ein. Davon ist nichts geblieben. Die Grünanlagen entlang des Boulder Creeks sind voll von homeless, und das Zentrum ist langweilig und kommerziell. Diesen Besuch hätten wir uns sparen können, allein das Dushanbe Tea House ist wunderschön. Am Abend hätten es Streetmusik gegeben (Bands on the Bricks, ab 17.30 Uhr), vielleicht wäre das ganz nett gewesen. Aber so lange können und wollen wir hier nicht warten.

Nach eineinhalb Stunden fahren wir weiter, es geht zum Moraine CG im Rocky Mountain NP. Wir kommen gegen 6 Uhr dort an, und ich bin erstmal enttäuscht von unserer site B223. Sie liegt direkt neben der Einfahrt zum Campground (auf der Karte konnte man das so nicht erkennen, aber die Buchung war ziemlich schwierig gewesen, wir haben mit viel Glück eine von drei sites erwischt). Die sites sind näher aneinander als zum Beispiel im Bryce Canyon oder dem Mather CG im Grand Canyon. Letztendlich war es aber ok, es gab viel weniger Verkehr als ich gefürchtet hatte, und die Nacht war ruhig. Und ein Vorteil war, dass wir wirklich sehr nah am shuttle waren.

Wir grillen, und danach gehen mein Sohn und ich noch an den Waldrand, um auf der großen Wiese nach Rehen zu schauen. Wir freuen uns, als wir eins sehen, und auch die Abendstimmung ist sehr schön. Danach gehen wir alle ins Bett, morgen müssen wir wieder früh raus.