Ihr erinnert euch, dass wir uns den Abschnitt von den Redwoods bis nach San Francisco (etwa 350 Meilen, teils auf der US 1) entspannt auf die noch drei verfügbaren Urlaubstage aufteilen wollten? Den Teil mit der Entspannung haben wir gestern hinbekommen 😊, noch nicht einmal ein Drittel der Meilen haben wir mit der Womoline unter die Räder genommen, heute heißt es also Strecke machen!
Direkt nach dem Frühstück rollen wir vom Hof und winken unseren Küstenmammutbäumen bald ein letztes Mal herzlich zu. Tschüss, ihr Baumriesen, schön war es mit euch! Mit Regen, Nebel, Sonne und einem wilden Temperaturmix haben wir den Regenwald in den letzten Tagen in seiner ganzen Vielfalt erlebt. Ein bisschen wärmer hätte es zwischendurch gern sein dürfen … aber die Hikes und Ruhe im wilden Grün waren mystisch.
Mit der vollschlanken Womoline waren einige Highlights, die nur über schmale unpaved roads zu erreichen waren, nicht machbar – den Redwood NP haben wir z. B. gar nicht betreten, sondern waren ausschließlich in mehreren State Parks unterwegs. Mit Auto muss es hier oben noch einmal besonders schön sein.
Besonders schön auch deshalb, weil ich nach fünf Jahren ohne Pazifikküste tatsächlich vergessen (oder verdrängt … 😊) hatte, wie kurvig es hier wirklich ist. Nach einigen gemütlichen Meilen auf dem Redwood Highway geht es rechts ab auf die gute alte US 1 … und ab da nur noch im Schneckentempo weiter, Kurvenalarm! Wenn der Männe heute keine neuen Armmuskeln vom Kurbeln bekommen hat, dann weiß ich auch nicht. Rechts, links, rechts, spitze Winkel und Senken … huiii wo sind wir denn hier gelandet? Hupsi.
Die Straße sah zwar auf Google Maps mehr oder minder kurvig aus, aber dass es so übel ist, hätte ich nicht vermutet. Nun heißt es Augen zu und durch. Begleitet vom fröhlichen Krachen der Schubläden und der ein oder anderen Getränkedose „on the loose“ im Kühlschrank schlängelt die Womoline sich wie ein echter Kurvenflitzer in Richtung Ozean. Und tatsächlich … nach einer gefühlten Ewigkeit blitzt am Horizont ein Fleck grünblau hindurch.
Die erste Schotterfläche ist unsere. Hier wird erst einmal das Chaos aufgeräumt und die Nerven mit einem unserer Lieblingssnacks hier drüben besänftigt: Joghurt mit zermatschter Banane, zerkrümelten Müsliriegeln und Honig.
Ein kurzer Blick auf den weiteren Streckenverlauf enthüllt: Immer noch kurvig und auch noch viele der typischen Haarnadelkurven unten in den Buchten, aber so ein Murks wie gerade kommt anscheinend nicht mehr, puh. Die Strecke ist aus unserer Sicht nicht zu empfehlen, auch wenn hier der einsame Pazifik lockt.
Weiter geht´s dann zu unserem ersten richtigen Zwischenstopp heute, Fort Bragg. Den gepriesenen Glass Beach möchte ich mit eigenen Augen sehen. Wir parkieren die Womoline auf dem Standstreifen einer Seitenstraße in der Nähe der Küste und entern die den Küstenabschnitt durchziehenden Spazierwege. Die Bilder lassen es nicht vermuten, aber hier ist allerhand los. Familien, Spaziergänger und Hundis tummeln sich hier, obwohl es mitten in der Woche ist.
Die Sonne strahlt und so laufen wir ein Stück nach rechts und ein Stück nach links die Küste entlang. Der sagenumwobene Glass Beach ist laut Schildern inzwischen eher glas-los. Da haben sich wohl zu viele Menschen ein kleines Souvenir eingepackt, schade.
Nach knapp einer Stunde geht es retour und mit der Womoline weiter nach Süden. Immer wieder halten wir oder blicken staunend aus dem Fenster auf türkisene Buchten und krumme Zedern. Jop … schön ist sie die kalifornische Küste, auch hier oben in Nordkalifornien. Big Sur bleibt für mich allerdings ungeschlagen.
Je weiter wir nach Süden cruisen, umso stärker rollt der Küstennebel hinein. Gerade noch strahlender Sonnenschein und dann dichte Schwaden wechseln sich ab, um dann in einem grauen, leicht feuchten Dunst zu verharren.
Als heutiges Übernachtungsziel habe ich mittlerweile den Gerstle CG im Salt Point SP ausgegeben. Dies ermöglicht es uns morgen, ohne Druck auf unserem letzten Platz anzukommen und dann in Ruhe die flüssigen Vorräte zu vernichten und die unliebsame Putzerei und Packerei in Angriff zu nehmen (Warum nur gehen diese vier Wochen immer so schnell vorbei? *cry).
Meine von unterwegs getätigte Online-Reservierung mit Kreditkartenzahlung gestaltet sich beim Check-In dann als unüberwindbares Hindernis. Hier sitzt ein sehr lieber, aber sehr analoger älterer Herr, der meine digitale Buchung nicht aufgerufen bekommt. Tatsächlich stehe ich nach mehreren Versuchen seinerseits – die es nicht besser gemacht haben und ich zwischendurch plötzlich noch einmal extra zahlen sollte 😊 – mit ihm in seinem kleinen Häuschen und versuche mich durch das amerikanische Reservierungssystem der California State Parks aus anderer Perspektive zu klicken.
Ergebnis: Wir stornieren meine Buchung und ich hinterlege analog hrhr das Geld für die Site in einem Umschlag. Das war ne schwere Geburt, puh, und das auf die ohnehin etwas gereizten Nerven aufgrund der vielen kurvigen Fahrerei heute.
Die Site ist schön, dunstig ist es jedoch auch hier. Wir raffen uns noch einmal auf und laufen einen steilen Trail bis zur Küste, erkunden das verrückte und leider leerstehende Visitor Center von außen und gönnen uns zurück an der Womoline unsere Not-Nudeln mit Fertigsoße, so muss das!
Wanderbilanz des Tages: Kaum der Rede wert.
Lieben Gruß
Annika