An den Rat, die ground squirrels, die den Grand Canyon bevölkern, nicht zu füttern, halten sich wohl die wenigsten Touristen. So wohlgenährte, rotzfreche Nager haben wir noch nicht auf unserer Reise gesehen. Besonders beliebt bei den kleinen Rotznasen: die Wanderwege hinab in den Canyon, wo müde Wanderer an jeder schattigen Stelle Rast machen, die empfohlenenen salty snacks auspacken und die üblichen Zivilisationskrümel hinterlassen.
Wir haben uns für heute auch vorgenommen, einen Teilabstieg in den Canyon zu wagen. Zunächst ruft Marcus vom öffentlichen Telefon (ja, es gibt sie noch!) bei der technischen Hotline von Roadbear an, um unser Strom-Problem zu schildern. Es kommen allerlei hilfreiche Ratschläge (ist der Hauptschalter an? …), am Ende sind sie aber ebenso ratlos wie wir. Sie schlagen uns vor, gleich nach Flagstaff zu fahren (fast 80 Meilen), wo es möglicherweise eine Werkstatt geben könnte, oder für morgen einen Werkstatt-Termin in Kingman wahrzunehmen (unserem nächsten Etappenziel). Dort müssten wir allerdings, da morgen Samstag ist, auf alle Fälle noch am zeitigen Vormittag eintreffen. Wir überlegen kurz: Beides kommt für uns nicht in Frage, da wir sonst unseren Aufenthalt am Grand Canyon vorzeitig beenden müssten. Da wir für die letzten drei Nächte im RV ohnehin Plätze mit Stromanschluss anfahren wollen, macht es für uns deshalb wenig Sinn, eine Reparatur zu versuchen, die - laut Hotline-Mitarbeiter - sowieso nicht unbedingt erfolgversprechend sein wird. Marcus vereinbart mit Roadbear, den Generator vom Stromkreislauf zu trennen, um den nervigen Zähler zu stoppen. Damit entscheiden wir uns für den Grand Canyon und gegen den Komfort einer funktionierenden Wasserpumpe. Das heißt, dass wir auch heute mit leeren Wasserflaschen (zum Glück sind in den USA auch die regulären Supermarktgrößen alle überdimensional) zum Zapfhahn gehen, um Wasser für den allernötigsten Gebrauch zu zapfen (Hände waschen, Zähne putzen, Kaffee kochen). Ab morgen sind wir ja dann wieder am Full Hook-Up.
Mit einiger Verspätung machen wir uns dann wie geplant auf den Weg zum Gratis-Shuttle-Bus, der den Campground mit allen Wanderwegen, dem Grand Canyon Village und dem Market Plaza verbindet. Wir fahren bis zum South Kaibab Trailhead und steigen diesen Weg hinab ins Tal. Durch das Telefonat mit Roadbear sind wir viel später dran als geplant und es kommen uns allerhand schwer schnaufende Menschen in durchgeschwitzten T-Shirts mit hochroten Köpfen entgegen. Mir schwant Böses. Immerhin entschädigen die ersten Blicke in die Schlucht:
Doch wir haben die Rechnung ohne die Kinder gemacht. Der Abstieg - vorbei am treffend benannten Ooh-Aah-Point bis zur Cedar Ridge, für den eigentlich 75 Minuten veranschlagt werden, gelingt uns in 50 Minuten.
Lilly und Niki traben fröhlich den Berg hinab, sind aber sehr vorsichtig und wir machen uns trotz des steilen Geländes keine Sorgen. Nach einer ausgiebigen Trink- und Fotopause packen wir den Rückweg an: 600 Höhenmeter, die wir - mittlerweile in der gleißenden Sonne – wiederum in einer guten Dreiviertelstunde schaffen (ja, wir haben jeden überholt…). Vielleicht war es gar nicht so falsch, in den letzten Monaten wieder regelmäßig joggen zu gehen!
Die Ausblicke auf diesem Weg sind traumhaft, trotzdem ärgern wir uns ein bisschen, dass wir bei der Urlaubsplanung unseren Kindern so wenig zugetraut haben. Ich glaube, sie hätten es tatsächlich geschafft, in den Canyon abzusteigen, dort zu übernachten und am nächsten Tag wieder zum Rim zurückzuwandern. Dieses Highlight sparen wir uns für den nächsten Besuch auf! Wer sich den Stress des Abstiegs nicht antun möchte, trifft mit dem Cedar Ridge-Abschnitt allerdings die richtige Wahl. Unserer Ansicht nach können auch Kinder im Grundschulalter diesen Weg schon bewältigen, wenn man die passende Tageszeit wählt und die Pausen gut dosiert. Es gilt natürlich wie immer: ausreichend Wasser und salzige Snacks im Gepäck haben. Unterschiedliche Abschnitte des Trails sehen so aus (zunächst der Abstieg zur Cedar Ridge, am Ende der Aufstieg zurück zum Trailhead):
Auf dem Rückweg zum Campingplatz klappern wir wieder visitor center und gift shop ab und Niki setzt buchstäblich sein letztes Hemd in Steine für seine heimische Sammlung um. Er hat seine Ausgaben im Kopf und ist sich sicher: das Urlaubsgeld von Opa ist jetzt ausgegeben. Dann klären wir ihn auf: Auf die Netto-Preise im Laden kommen noch Steuern dazu. Einen Moment ist er sprachlos. Dann stellt er klar: ICH zahle keine Steuern! Klar, meint Lilly, Nikis Vorbild ist Uli Höneß.
Als wir danach ein bisschen auf unserer schönen Campsite unter den Ponderosa Pines herumschlampern, ruft plötzlich jemand laut "Bärbel" - es ist Elli aus dem womo-Forum! Sie kommen eben vom Abstieg in den Canyon zurück und sind müde aber begeistert. Wir vereinbaren für heute Abend ein gemeinsames Treffen am Lagerfeuer.
Vorher schaffen wir es aber noch zum Elk Talk, einem ranger program, das Lilly und Niki besuchen müssen, um ihren badge zu bekommen. Was wir nicht wussten: Elche gehören eigentlich nicht in den Grand Canyon, sondern sind erst in den 1990ern hier zugewandert. Weil sie keine natürlichen Feinde haben (es gibt hier keine Wölfe mehr), werden sie zunehmend zur Plage und gefährden - vor allem jetzt, während der Brunft - die Besucher.
Bloß: ist der Mensch hier nicht auch eine Plage? Busladungen ergießen sich zum Sonnenuntergang auf den Rimtrail, dicht gefolgt von den kleinen Nutznießern dieser Massen, den squirrels. Lilly und Niki ignorieren sie, in einem etwas unorthodoxen Ranger-Eid haben sie doch gerade erst versprochen: As Grand Canyon Junior Rangers we know - don't feed or eat the squirrels, don't rattle the rattlesnakes, don't tickle the tarantulas.
Leider zieht schon wieder das nächste Gewitter auf und wir müssen das Lagerfeuer mit Ellis Familie leider sausen lassen. Während wir in einem Moment noch die Abendstimmung am Rim genießen, ziehen im nächsten schon die ersten Vorboten des Unwetters auf:
Wir spülen schnell das Geschirr am öffentlichen Becken und eilen in das Halbdunkel unseres Wohnmobils zurück. Bis auf das Dach über dem Kopf trennt uns in punkto Camping-Komfort heute Nacht nur wenig von den Zeltern, die um uns herum ihr Lager aufgeschlagen haben. Während diese allerdings zuhauf in ihre Autos oder ins Grand Canyon Village flüchten, um dem Gewitter zu entkommen, sitzen wir immerhin im Trockenen. Wir bereuen es nicht, den Werkstatt-Termin abgelehnt zu haben – die Eindrücke auf der Wanderung und das Naturschauspiel der durchziehenden Regenwolken am Rim sowie der eindrückliche Ranger-Vortrag machen die Einschränkungen, mit denen wir heute Abend im Wohnmobil zurechtkommen müssen, längst wett.
Hallo Bärbel,
so schade, dass aus unserem Lagerfeuertreff nichts wurde.
Allerdings hat es uns dermaßen umgebügelt, als wir nach dem Essen zur Ruhe kamen, dass ihr vermutlich nicht viel Freude an uns gehabt hättet
. Der Aufstieg aus dem Canyon hat uns schon ordentlich Kraft gekostet. Sagt Bescheid, falls ihr dieses Abenteuer auch mal in Angriff nehmt, ich würde sofort wieder mit runter gehen!
Liebe Grüße
Elli
Scout Womo-Abenteuer.de
Hi Bärbel,
schön, dass Ihr mit den Kids auch ein wenig in den Canyon gewndert seid - denn das gehört unbeingt zum Grand Canyon Erlebnis dazu. Der Abstieg ganz hinunter und vor allem der Rückweg sind aber nicht zu unterschätzen. Vielleicht habt Ihr ja im nächsten Urlaub die Möglichkeit, diesen tollen Hike zu erleben.
LG Mike
Liebe Grüße, Mike
Experience!
Scout Womo-Abenteuer.de