Womo-Abenteuer

Nordamerika im Wohnmobil erleben!

23. Tag: Kingman, AZ - Needles, CA über Oatman und die Route 66 (7.9.2014)

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Babs72
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Beigetreten: 16.02.2014 - 10:55
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23. Tag: Kingman, AZ - Needles, CA über Oatman und die Route 66 (7.9.2014)
Eckdaten zum Reiseabschnitt
Gefahrene Meilen: 
60 Meilen
Fazit: 
Farewell, Colorado River!

Wenn man mit dem RV durch den Südwesten fährt, dann sieht man zwar viel, aber doch nicht alles. Zum Beispiel Wohngebiete. Als wir heute Morgen den KOA in Kingman verlassen und durch das middle class-Wohngebiet fahren, das den Campingplatz umgibt, fragt Niki ganz ungläubig: Hier wohnen Leute? Kingman ist für unsere Verhältnisse eine richtige Großstadt mit 28.000 Einwohnern - die größte Stadt, durch die wir seit drei Wochen fahren. Unsere bisherigen Nachbarn waren Urlauber, Hasen und Rehe.

Gleichzeitig ist dies auch der erste und einzige KOA-Campingplatz, den wir in diesem Urlaub ansteuern. Da kommt fast ein bisschen Wehmut auf, sind doch die vergangenen sog. „Western-Trips“ meiner Kindheit und Jugend in den 70er- und 80er-Jahren mit dem unverwechselbaren gelben Zeichen verknüpft. Der Platz, an dem wir heute Nacht geschlafen haben, war bestimmt in den 70er-Jahren auch schon da. Alles ist sehr gepflegt und sauber, aber in die Jahre gekommen. Den Kindern ist das egal - ganz ungewohnt sind plötzlich die ganzen zivilisatorischen Errungenschaften, mit denen sie nach drei Wochen Nationalparks und Natur wieder konfrontiert werden: Kabelfernsehen, einem Pool und einer Minigolfbahn. Während Marcus und ich den lauen Abend umgeben von meterhohen Oleanderbüschen genießen, läuft im Wohnmobil daher "The Princess and the Frog".

Wir bummeln am Morgen auch noch ein bisschen auf dem Campingplatz herum, verbringen noch einige Zeit am Pool und faulenzen an der Site, bis uns ein aufziehendes Gewitter vertreibt.

Es ist jetzt sowieso Zeit, loszufahren, da wir zu Mittag in Oatman sein wollen, einem 30 Meilen entfernten Goldgräberstädtchen, das dem totalen Verfall bislang standgehalten hat und eines der letzten Highlights auf der alten Route 66 ist.

Nach Kingman warnt deshalb auch eine riesige Leuchttafel: mountain passes ahead, no vehicles over 40ft. Heute fahren wir (endlich!) ein Stück Route 66, das einen wirklich in die "good old times" versetzt. Man könnte meinen, an dieser Straße ist seit dem Bau der I-40 tatsächlich nichts mehr verändert worden. Statt Leitplanken schützen nur kleine, notdürftig ausgebesserte Mäuerchen vor dem Abhang, die Straße (mit beiden Spuren) kommt einem fast nicht breiter vor als eine normale Parkbucht bei Walmart. Gesäumt wird die kurvenreiche, stark ansteigende Strecke von Kakteen aller Art - hohen soaptree yuccas, organ pipe cacti, sowie einer weiteren, kuriosen Sorte, die wir "Pilzkaktus" taufen, da unser "Southwestern Desert Life"-Führer leider keine passende Bezeichnung liefert. Spannend wird es, wenn man auf dieser Strecke einem anderen RV begegnet: Dann heißt es für beide Schneckentempo, Spiegel eingeklappt und Maßarbeit!

Endlich sind wir in Oatman, dessen Ortsdurchfahrt zwar kaum länger als 200m ist, aber voller Kuriositäten steckt.

Wir stöbern durch ein paar Läden, darunter dem obligatorischen Weihnachtsdeko-Laden, werden alle vier von einer 91-jährigen Verkäuferin umarmt ("I hug everyone who comes to Oatman for the first time"), essen Eis in dem Hotel, in dem Carole Lombard und Clark Gable ihre Hochzeitsnacht verbracht haben, füttern die "burros", die nach dem Ende der Goldminen ausgewildert wurden und nun die Stadt bevölkern (und im Laufe unseres Aufenthalts zunehmend aufdringlicher werden) und schauen zum Abschluss noch einer gunfight zwischen einem bank robber und einem bank robber robber zu (die Kinder finden's spitze).

Dafür wird die Ortsdurchfahrt (die EINZIGE befestigte Straße, die wirklich durch den Ort geht) gesperrt, so dass am Ende auch genügend Besucher anwesend sind, damit es im Spendenkörbchen ordentlich klingelt (eher: raschelt). Immerhin: Die Schauspieler sind wohl ehrenamtlich tätig und lassen ihre Einnahmen einem guten Zweck zukommen. Wer wissen möchte, wann die gunfights stattfinden, kann sich direkt online auf der website der Stadt erkundigen: http://oatmangoldroad.org/events.htm.

Erst auf der Weiterfahrt zum Pirate Cove RV Resort, das idyllisch am Colorado River liegt, fällt uns auf, dass es in Oatman, obwohl der Ort an der Route 66 liegt, gar keine Tankstelle gibt. Ja, und natürlich auch keinen Walmart. Nicht, dass wir in diesem Laden dauernd Kunden sind. Aber Walmart war der erste große Laden, den wir in den USA betreten haben, weil man dort halt an einem Platz alles findet, um das Wohnmobil auszustatten und eine Grundausstattung an Lebensmitteln zu bekommen (Target gibt es hier im Südwesten praktisch nicht). Unser zweistündiger Aufenthalt am ersten Urlaubstag und die zwei gefüllten Einkaufswagen scheinen die Kinder so beeindruckt zu haben, dass sie nun jeden Walmart sofort an seinem Schild erkennen, besser eben, als sie jedes normale Wohngebiet wahrnehmen. So steht für Niki fest, als wir die Fast Food / Box Stores-Meile in Kingman hinter uns lassen: Mama, gell, das größte Haus im Ort ist immer der Walmart?

Ohne zu wissen, dass wir heute den letzten Schönwetter-Tag der Reise genießen können, lassen wir den Abend am eigenen Sandstrand bei satten 102°F ausklingen. Da stört es ausnahmsweise mal nicht, dass die Fluten des Colorado-River gewohnt frisch sind. Die Abkühlung tut gut!

Liebe Grüße

Bärbel

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