Als wir heute Morgen nach dem Frühstück von unserem Campingplatz in Richtung cliff dwellings fahren, sind wir ziemlich über die Vegetation schockiert. Überall, wo man hinschaut, stehen fast nur Baumstümpfe herum. Sollten etwa hier - weitab von den großen Metropolen - die Folgen des Waldsterbens so drastisch sein?
Dann fällt uns ein, dass der pensionierte Arzt, der uns gestern im Colorado Welcome Center beraten hat, die schlimmen Waldbrände erwähnt hat, von denen die Gegend vor kurzem erst heimgesucht wurde. Eine Annahme, die Ranger Melissa, die uns heute durchs Balcony House führt, wenig später bestätigt: Auf die Flächenbrände angesprochen, gibt sie unserer Gruppe die lakonische Antwort: We have them every year. Bei nur 18 inches Regenmenge auch kein Wunder.
Feuer und Wasser ziehen sich überhaupt wie ein roter Faden durch unseren Tag! Wir beginnen unsere Besichtigung der Indianerruinen im Museum, wo Lilly und Niki einige Aufgaben für ihr Junior Ranger Booklet erledigen. Die Ausstellung ist zwar etwas angestaubt, aber die Kinder finden die Dioramen mit den dargestellten Alltagsszenen aus dem Leben der sog. Ancestral Puebloans ziemlich spannend. Die Übergabe gestaltet sich wieder sehr feierlich.
Weil wir mal wieder viel zu spät vom Campground weggekommen sind, hetzen wir dann noch kurz durch ein erstes cliff dwelling, bevor wir schnell weiter zum Treffpunkt für die Balcony House Tour fahren. Die Fahrstrecken, die alleine vom Morefield Campground bis zu den dwellings zurückzulegen sind, sind definitiv nicht zu unterschätzen!
Einige der größeren Ruinen im Park sind nur mit Führungen zu besichtigen, wir haben uns für die Balcony House Tour entschieden, da man dort einige Hindernisse überwinden muss und ich die Hoffnung habe, dass für Lilly und Niki die vielen geschichtlichen Infos, die sie auf Englisch eben dann doch noch nicht so gut verstehen, wenigstens durch ein paar abenteuerliche Highlights aufgepeppt werden.
Wie man sich aber täuschen kann: Als Ranger Melissa zu Beginn der Führung nach den heimischen Tieren fragt, die man schon gesehen hat, meldet sich Niki mit der Antwort "mountain lion" zu Wort. Wenn die Motivation stimmt, dann geht das mit dem Sprachenlernen schon viel einfacher als unter Zwang Immerhin hat das die Stimmung in der Gruppe schon mal etwas aufgelockert. Und gaaanz so geschwindelt war es auch nicht: Am Dead Horse Point SP hatten wir die Spuren ja tatsächlich abends im Sand gesehen.
Wir steigen dann einige Stufen nach unten in die cliffs, nur um dann wieder über eine ca. 10 Meter hohe Leiter in das eigentliche Felsenbauwerk zu klettern. Oben erklärt uns Melissa viel über die Architektur und den Lebensalltag der Indianer. Die Puebloans waren einst von den Ebenen auf den Mesas aufgrund des Wassermangels in die cliffs umgezogen. Nun bauten sie dort in die Zugänge zu ihren Behausungen allerhand Schwierigkeiten ein, um das kostbare Wasser, das sie aus Quellen und Rinnsalen, die durch den Sandstein nach unten dringen, gewannen, auch zu beschützen. So klettern wir, um das cliff dwelling zu verlassen, durch einen rund vier Meter langen, quadratischen Tunnel, dessen Seitenwände nur rund 80 cm hatten. Melissas Kommentar: Don't worry, you'll see the light at the end!
Dieses Licht sahen die Puebloans im sprichwörtlichen Sinne wohl aber nicht mehr - zumindest nicht im Mesa Verde - denn sie verließen die Gegend um 1300 und über die Gründe - womöglich lange Dürren - kann man nur spekulieren.
Auch wir verlassen Mesa Verde, allerdings nicht wie die Indianer in Richtung New Mexico, sondern wieder zurück nach Utah, hinein in die Reservate eines anderen, nicht minder bekannten Stammes: der Navajos.
Auf der Fahrt durch die zunehmend karger werdende Gegend fallen uns viele Pumpen und Leitungen auf, und wir vermuten schon, dass wir nun auf die ersten Fracking-Anlagen gestoßen sind, die ja auch in den Staaten umstritten sind. Tatsächlich wird hier in Southeast Utah aber Öl gefördert, zwar nicht in sehr großem Stil, aber wohl doch einigermaßen lukrativ. Denn als wir durch eine gottverlassene Gegend in ein kleines Kaff namens "Montezuma Creek" kommen, das aus kaum 30 Gebäuden besteht, staunen wir über eine - rein äußerlich - total moderne Grundschule und eine Highschool mit weitläufigem Sportgelände. Ich möchte nicht wissen, wie viele Meilen die Schüler jeden Tag mit dem Schulbus durch die Wüste fahren müssen, um diese Schulen zu erreichen.
Heute Abend schließlich sind wir in Bluff, Utah, angekommen, der ersten "Anglo"-Siedlung im südöstlichen Utah, direkt am Navajo-Reservat gelegen. Nach dem grünen Colorado ist es wieder trocken und wüstenähnlich, die Temperaturen erreichen fast 100 Grad Fahrenheit. Flächenbrände gibt es wohl trotzdem kaum: nur entlang des San Juan River gibt es ein wenig grün, der Rest der Gegend ist staubtrocken und besteht aus Sand und Fels.
Highlight am Ende des Tages ist unser Besuch im Cottonwood Steakhouse, das sehr touristisch in Wildwest-Manier aufgemacht ist, jedoch mit einem qualitativ hochwertigen Essen aufwarten kann. Nett: die Bohnen gibt es in Blechschüsseln, ganz wie es bei den Cowboys anno dazumal war. Beim schlichten Charakter unseres Campgrounds für diese Nacht - dem Cadillac RV Park - ist das Steakhouse eine willkommene Alternative.