Man mag ja durchaus geteilter Meinung über die Reize des Campgrounds bei der Goulding Lodge sein – er ist teuer, staubig, bisweilen auch windig und bietet zwischen den Stellplätzen nur wenig Privatsphäre. Allerdings haben wir bereits gestern von den zivilisatorischen Vorzügen profitiert, die man auf den staatlichen Plätzen meist nicht antrifft: ein Laundromat (ohne Warteschlangen!) für Mama und ein Hallenbad für Papa und Kinder. Auch die Temperaturen stimmen uns durchaus milde: wir können am Morgen bei über 25 Grad Celsius frühstücken und genießen die Mahlzeit so ausgiebig, dass wir nach der üblichen Bummelei wieder viel zu spät zu unserer geplanten Wanderung ins Valley aufbrechen.
Das Monument Valley kann man im Prinzip auf vier Arten erkunden: mit dem eigenen Auto (es gibt den 17-mile-drive), mit einer geführten Jeep-Tour, auf dem Pferderücken oder auf Schusters Rappen (Letzteres kostet nix). Da wir mit den Kindern für rund zwei Stunden Tour rund 300 Dollar hätten hinblättern müssen, entscheiden wir uns für die Wanderung. Man steigt dazu hinab ins Tal und umrundet den East Mitten, einen der berühmten Buttes im Valley. Der Mitten sieht ja von oben (siehe Bilder vom 31.8.) total breit und massiv aus, ist aber von der Seite ziemlich dünn –
so machen wir einige witzige Bilder, bevor wir den Rückweg antreten und durch den tiefen Sand wieder nach oben müssen. Die Beschreibung des Hikes auf der Tafel lautete: easy at first, then moderate, strenuous in the end. Das war nicht untertrieben.
Für Besucher, die kein geländegängiges Auto haben und sich die hohen Kosten für einen Ausritt oder eine Jeeptour sparen wollen, stellt der Rundweg durch das Valley auch mit Kindern eine interessante Alternative dar. Man muss nur daran denken, ausreichend Wasser mitzunehmen. Da die Wanderung recht kurz ist, war sie auch für unseren Nachwuchs problemlos machbar. Wir haben dafür ca. 1,5 Stunden gebraucht und haben uns viel Zeit für Foto-Stopps, zum Spurenlesen, Perspektiven vergleichen (im Hintergrund Hotel und Besucherterasse) und für Trinkpausen genommen.
So muss man sich den Weg vorstellen:
Langweilig wird es dank rock cairns und Quatsch-Einlagen (der "ausgetrocknete Wüstenwanderer") nie:
Die landschaftlichen Eindrücke begeistern alle:
Nach einer zweistündigen Fahrt durch die Wüste schickt uns die Stadt Page dann ihre ersten Grüße entgegen: die drei riesigen Schlote der Navajo Generating Station, einem Kohlekraftwerk, mit dem die Navajo so viel Strom produzieren, dass sie ihn sogar bis nach Los Angeles verkaufen können. Schön sieht das nicht gerade aus. Windräder oder groß angelegte Solaranlagen sieht man dagegen nicht. Schade eigentlich, denn Platz dafür hat es genug.
Als wir in Richtung Wahweap, wo unser Campinglatz liegt, über den Colorado River fahren, staunen wir nicht nur über den imposanten Glen Canyon Dam, der direkt danebenliegt, sondern auch, wie sehr sich an den Felsen des Canyons der sinkende Wasserpegel abzeichnet: bestimmt dreißig Meter der roten Felsen direkt über der Wasseroberfläche sind weiß (dadurch, dass sie jahrelang unter Wasser waren). Später erfahren wir, dass der See derzeit nur knapp 60% seiner Maximalkapazität hat. Es gibt wohl bereits Notfall-Programme für den Fall, dass sich die Lage noch weiter zuspitzt.
Trotz dieser für die Anwohner prekären Lage ist unser erster Eindruck von Page, Arizona, das für die nächsten drei Nächte unsere Heimat sein wird, der beste. Wir stellen nach dem Eintreffen auf dem Campingplatz bei der Wahweap Marina fest:
1. Hier gibt es weder Fliegen noch Moskitos (OK, am nächsten Morgen stellen wir fest: Fliegen gibt es doch).
2. Der Laundromat kostet zwei Dollar weniger als im Monument Valley.
3. Man kann zu Fuß zum See gehen.
4. Wir haben weder links noch rechts Nachbarn und kommen uns auf diesem riesigen Campingplatz deshalb fast schon vor wie in einem der einsamen Nationalpark-Campgrounds.
5. Auf unserer Site wächst der größte Baum der ganzen Loop (dieser Baum beschattet unseren Sitzplatz beim Frühstück und wird deshalb von Lilly gleich "Frühstücksbaum" getauft).
6. Dies ist mit 48 Dollar pro Nacht unserer teuerster Platz bisher (OK, das gehört jetzt nicht zu den guten Eindrücken).
7. Hier gibt es bestimmt mehr Hotelbetten als Einwohner.
8. Page hat zwölf Kirchen (bei 4.000 Einwohnern), die so nette Namen haben wie "Shepherd of the Desert".
9. Page ist wahrscheinlich eine der jüngsten Städte, die wir je besucht haben: Sie wurde erst 1961 gegründet.
10. Hier ist es wirklich Sommer! Beim Eintreffen auf dem Campingplatz am späten Nachmittag hat es 97 Grad Fahrenheit. Wir halten es draußen kaum aus.
Ungeachtet des drohenden Wassernotstands läuft der Betrieb am Lake Powell aber auf Hochtouren und weder in der Marina noch auf dem Campingplatz ist zu spüren, dass am heutigen Labor Day die Sommersaison offiziell endet. Nur Lilly muss feststellen, dass trotz Gluthitze eigentlich kein Sommer mehr ist - sie sucht alle Läden in Page nach einer Pool-Noodle ab, die sie noch in ihre in Cortez für zwei Dollar erworbene Pool-Hängematte stecken muss, damit diese über Wasser bleibt. Wasserspielzeug sucht man jedoch in den Läden vergebens. Was es stattdessen gibt: Halloween-Kostüme und die passende Deko. Das passt so zum Wetter wie die Lebkuchen, die wahrscheinlich diese Woche in Deutschland wieder in Regale geräumt werden. Daran möchten wir im Moment noch nicht denken!