Heute morgen ist es recht kühl. Mir fehlt ein Thermometer, die Wetter App sagt 4°C. Also: Heizung an und für einige Minuten zurück ins Bett. Irgendwie brauche ich wieder viel zu lange: gemütliches Frühstück, dumpen, eine kurze Runde über den Campground nehmen ihre Zeit in Anspruch, so dass ich erst kurz vor 10:00 Uhr loskomme. Zunächst geht es nördlich auf der TX 17 in Richtung Balmorhea durch leicht hügelige Landschaft. Kleinere Bäume und Grasflächen wechseln sich ab mit kleineren Felsformationen. Ich müsste dringend mal tanken. In Balmorhea endlich kommt eine Tankstelle. Wird auch Zeit, denn ich fahre schon auf Reserve. Schließlich war mein letzter Besuch einer Tankstelle vor 3 Tagen, bevor ich in den Big Bend gefahren bin.
Weiter geht’s auf der TX 17 nördlich in Richtung Pecos. Die Landschaft hier: flach. Es gibt etwas Ackerbau, dazwischen gewerblich genutzte Flächen oder Brachen. Nördlich von Pecos, auf der # 285, wird der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen immer geringer zu Gunsten der Ölförderung. Felder mit den typisch texanischen Ölpumpen wechseln sich ab mit kleineren Raffinieren, Abfüllanlagen, Schrottplätzen und Gewerbeflächen für Logistik und Zubehör reihen sich an der Straße auf, mind. 50 Meilen lang. Dort, wo die Natur noch Prärie vorgesehen hatte, haben die Menschen alles platt gemacht, so dass es nur noch große Sandflächen gibt. Es gibt heute wieder Windböen, die Sand- und Staubwolken über die Straße treiben. Der Verkehr ist recht dicht und die Fahrzeuge teilen sich wie folgt auf: 10% PKW, 40% LKW und 50% SUV’s. Nicht jede Straße kann eine Scenic Route sein, aber das hier ist schon sehr trostlos.
Und dann, kurz vor der Staatsgrenze nach New Mexico, in der Mitte von nirgendwo, ein Stau. Straßenarbeiten! Geschlagene 50 Minuten stehe ich dort, bevor es weiter geht. So langsam rennt mir die Zeit davon, denn ich wollte heute Nachmittag noch die Carlsbad Caverns besuchen. Meine Gelassenheit wich langsam einer inneren Unruhe, so dass ich völlig vergessen habe, einige Fotos zu machen, um diese Szenerie einzufangen. Emotionen sind halt manchmal schädlich. Die Baustelle war nun auch noch so lang, dass ich nirgends links abbiegen konnte, um zu den Caverns zu gelangen. Ich musste bis nach Carlsbad reinfahren, um die Stadt dann auf der # 62 in südwestlicher Richtung zu verlassen. Deutlich später als geplant komme ich dann dort an. Zum Glück liegt zwischen Texas und New Mexico eine Zeitgrenze, so dass ich eine Stunde gewinne.
Aber jedes Grauen hat irgendwann ein Ende und schließlich komme ich an. Die Carlsbad Caverns sind eines der größten Höhlengebilde der Welt. Der Big Room ist die zweitgrößte Höhle der Welt. Wer hat mal wieder die größte? Richtig, die Chinesen.
Nach einer kurzen Stärkung im Fast-Food Restaurant mache ich mich auf den Weg und habe Glück, dass ich noch den natürlichen Eingang nutzen kann, denn es ist bereits 15:00 Uhr. Nachdem man ca.70 Höhenmeter auf gut ausgebauten Serpentinenweg überwunden hat ist man in der Fledermaushöhle. Hier hängen zu Hunderten Fledermäuse unter der Decke. Bei Anbruch der Dunkelheit verlassen sie die Höhle. Das Spektakel kann man sich anschauen, dazu wurde am Ausgang extra ein kleines Amphitheater erbaut. Das muss beeindruckend sein.
Nachdem man die Bat Cave passiert hat, geht es in Serpentinen weiter in die Höhle hinab. Immer wenn man denkt, man ist unten, geht es noch weiter. Ca. 45 Minuten benötigt man, um die 230 Höhenmeter zu überwinden. Schließlich ist man in der Haupthalle, dem Big Room. Hier gibt es einen Rundweg von einer Meile, für den man gut eine Stunde benötigt, mit Fotostopps gerne 1,5 Stunden. Die Dimensionen, sowohl was die Länge der Halle, als auch was deren Höhe angeht, sind gewaltig. Ich lerne: Es gibt Stalakiten (das sind die von der Decke hängenden Tropfsteine) und Stalagmiten (auf dem Boden stehende Säulen). Wachsen die beiden zusammen nennt man das einen Stalagnaten. Dann gibt es noch unzählige Bezeichnungen für alle anderen Arten.
Interessant sind die Formen, die diese gebildet haben. Die verschiedenen Gebilde haben natürlich schon alle Namen bekommen, aber viel interessanter finde ich es, diese nicht zu beachten und seine Fantasie selbst zu bemühen. Das eine sieht aus, wie ein Nashorn mit zotteligen Fell, das nächste könnte ein Bienenstock sein oder hier, ein Wichtelwald mit niedrigen Bäumen und Figuren dazwischen. Das dahinten, sieht das nicht aus, wie ein Gesicht? Und so könnte man Stunden zubringen.
Neben diesem Big Room gibt es noch weitere Höhlen, die aber nicht oder nur durch eine von einem Ranger geführte Tour zugänglich sind.
Die Höhlen hinterlassen einen gewaltigen Eindruck auf alle Besucher. Auffallend ist, dass sich hier unten alle, eigentlich unabhängig voneinander, nur noch im Flüsterton unterhalten.
Am Ende des Rundgangs kann man sich dann man sich dann noch unter Tage stärken. Und wir wären nicht in Amerika, wenn es hierunter nicht auch einen Fahrstuhl geben würde. Ich habe ihn dann für den Weg hinauf benutzt, weil die Zeit knapp wurde. Runter aber sollte man auf jeden Fall den Fußweg nehmen, denn so nähert man sich langsam der Monumentalität dieses Naturwunders. Hier mit dem Fahrstuhl runterzufahren, das ist so, wie mit der Seilbahn auf den Berg......
Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Schnell in Carlsbad noch in den Walmart und Bestände aufgefrischt und um 19:00 Uhr komme ich am Carlsbad KOA an. Ich muss dringend waschen und verbringe den Abend bei milden Temperaturen vor dem Waschhaus, denn dort ist das Wifi am besten.
Fazit: Der Besuch in den Carlsbad Caverns bedeutete einen Abstecher von rund 150 Meilen, ein Umweg, der sich gelohnt hat.
Ein Reisebericht von Olaf, dem Uhlen Horst
Moin Olaf,
ich lese fleißig mit und bei deiner Schilderung zum Thema " Ich müsste dringend mal tanken" musste ich schmuzeln. 1983 war ich mit meinen Eltern im Womo unterwegs von den Carlsbad Caverns nach Fort Stockton. Auf halber Strecke wurde es langsam Zeit zu tanken, aber in dieser einsamen Gegend fanden wir nur eine Tankstellenruine. Vater versucht im großen Bogen auf dem Hwy zu wenden und schon hatten wir uns im losen Sand neben der road festgefahren. Nun war Improvisation gefragt und ich "organisierte" ein paar Hölzer von den Weidezäunen. Der Befreiungsschlag gelang und alle geborgten Hölzer wurden ordnungsgemäß zurückgelegt.
Die Höhlen sind großartig. Wie Du mit Recht schreibst, ist es am schönsten den natürlichen Eingang zu nehmen und den gewaltigen Eindruck langsam zu steigern. Ich kann nur jedem empfehlen einen Umweg für dieses tolle Naturwunder in Kauf zu nehmen. Welch Freude, dass ich im letzten Jahr die Höhlen auch meiner lieben Frau zeigen konnte.
Unsere tour:
Liebe Grüße
Matthias
Scout Womo-Abenteuer.de
Südwesten USA in 5 Wochen Herbst 2014
Moin Matthias,
es ist ja schön, dass der Funke für Wohnmobilurlaub von deinen Eltern auf dich übergesprungen ist. Bei meinen Kinden (steigen im Laufe der Reise noch dazu) hat das - befürchte ich - nicht so geklappt.
Übrigens: Nachdem ich in Balmorhea getankt hatte, musste ich auf die I-10 Richtung Osten fahren. An der nächsten Abfahrt, keine 5 Meilen entfernt, ging es wieder runter und dort: Die nächste Tankstelle.
Viele Grüße
Olaf
Moin Olaf
Unsere Reise hatten wir aus zwei Kontinenten geplant. Vater in Hamburg und ich von Houston aus. Es gab ja Bücher und Karten, ansonsten hatten wir nix. Das Womo hatte ich über eine Privatvermieter Liste des AAA in Houston gemietet. Über Versicherungslimits haben wir uns damals wenig Gedanken gemacht.
Eine sehr schöne Reise, an die ich mich heute noch gut erinnere.
PS. Kommst du zum Forumtreffen im Februar?
Liebe Grüße
Matthias
Scout Womo-Abenteuer.de
Südwesten USA in 5 Wochen Herbst 2014
Hallo Matthias,
deine Reise damals hatte dann noch richtig was mit Abenteuer zu tun. Ich kenne das von früheren Reisen (ohne Wohnmobil, auf den Geschmack bin ich erst vor wenigen Jahren gekommen) auch: eine Landkarte, eine Routenplanung und das war's. Und heute: genauste Vorplanung Dank Google Maps, Streetview, diverser Informationen im Internet. Ich muss aber sagen: je älter ich werde, desto mehr kommt mir das entgegeneilt. Ich weiß halt gerne, was mich erwartet.
zum Forentreffen in Hamburg kann ich leider nicht kommen. Da ich da schon verplant bin. Vielleicht klappt's beim nächsten Mal.
Viele Grüße
Olaf