21.4 Morgenritual wie immer. Aus Bequemlichkeit wollen wir vor dem Losfahren an einem der vielen freien Stellplätze dumpen und nicht an der „vorgeschriebenen“, etwas ungünstig gelegenen, Dumpstation. Damit ist der gute Ranger oder Campground-Hilfssheriff aber gar nicht einverstanden und mosert uns an. Für Argumente hat er kein Ohr und auch selbst keine Überzeugenden zu bieten, aber wir wollen ja nicht seinen Seelenfrieden ruinieren und an seiner „Macht“ zweifeln.
Wir wollen zu einem Trail, der an der Wasserwildnis entlang führen soll. Wir finden auch die Straße, die uns dort hin bringt, von einem ausgeschilderten Trail ist dann allerdings nichts zu sehen. Wir laufen mehr oder weniger querfeldein, geben aber dann auf, weil wir Bedenken haben, irgendwo an einem Wassergraben zu stehen.
Davon gibt es hier massig. Wir sehen viele schöne Silberreiher, die uns leider nicht sehr nahe an sich herankommen lassen, obwohl wir ihnen ein tolles Foto und die Rechte daran versprechen. Wir fahren weiter auf der 78 nach „Hickman“, einem kleinen Ort, der bereits in Kentucky liegt. Hier soll uns eine Fähre auf die andere Seite des Mississippi bringen. Eigentlich brauchen wir die Fähre nicht wirklich, aber wir wollen unbedingt diesen ungeheuer breiten Fluss auf einer Fähre überqueren.
Vom Ort „Hickman“ an sich ist nicht viel zu sehen. Es ist in den USA ja öfter der Fall, dass ein paar Häuser, die im Abstand von 2-3km entfernt zueinander stehen, bereits als Ort zählen. Ist dann ein Gebäude auch noch älter als 50 Jahre, ist dies ein historischer Ortskern. Leider fängt es mal wieder leise an zu regnen. Der Regengott hat uns wiedergefunden. Wir finden tatsächlich auch den Platz, an dem die Fähre abgehen soll.
http://www.dorena-hickmanferryboat.com/
Außer ein paar Bauarbeitern, die an einem Schiff herumwerkeln, ist nichts zu sehen. Aber dann entdecken wir an einem Pfosten ein Schild mit dem Hinweis, dass wir auf einen Knopf direkt darunter für 3 Sekunden drücken sollen. Wenn dann die Fähre innerhalb von 20min nicht da ist, sollen wir nochmal drücken, und wenn sie in 45min nicht da ist, kommt sie gar nicht! Das hat was und erhält die Spannung. Nach dem Drücken warten wir eine halbe Stunde, fragen dann bei den Bauarbeitern nach, ob die Fähre überhaupt geht. Selbstverständlich, sie würde sicher gleich kommen. Es ist unglaublich, wie breit der Fluss hier ist, man kann kaum das andere Ufer sehen, zumal es noch hinter einer Halbinsel liegt, die in den Fluss hineinragt. Und dann passiert es tatsächlich – die Fähre kommt und bringt ein einziges Fahrzeug mit. Wir sind ebenfalls die einzigen Fahrgäste, berappen unsere 14$ und schon geht’s los. Eigentlich besteht die Fähre aus 2 Teilen, einem Teil ohne Antrieb, auf das die Fahrzeuge auffahren - und einem Schlepp(drück)fahrzeug, das jetzt abkoppelt und auf der anderen Seite wieder ankoppelt und so das Ganze über den Fluss schiebt. Die Überfahrt dauert bestimmt 20 min durch die braune Brühe des Mississippi, aber nur so kann man den mächtigen Fluss irgendwie erfassen. Beim Anlegen sind wir in Missouri, denn hier ist der Mississippi auch State Grenze.
Es geht weiter in Richtung Norden, bis wir auf die Interstate 57 stoßen, die uns jetzt nach Osten führt, wieder über den Mississippi. Als Ziel haben wir den State Park „Trails of Tears“ eingegeben.
Vorher kommen wir noch durch den kleinen Ort „Anna“, wo wir bei „Kroger“, einem ebenfalls zu empfehlenden Lebensmittelmarkt, einkaufen. Zum Glück gibt es hier auch wieder Wein zu kaufen, und - eher zum Unglück - sehr leckere süße Teilchen, von denen wir uns ein paar mitnehmen. Sie werden noch auf dem Parkplatz mit einem schönen starken Kaffee im Womo verinnerlicht. Schnell sind wir dann im angestrebten State Park, allerdings ist hier scheinbar noch alles geschlossen. Wir finden zwar ein paar Plätze, wo wir eventuell stehen bleiben können, aber ohne Wasser und Stromanschluss. Nachdem wir uns ein bisschen umgeschaut haben, beschließen wir weiter zu fahren, da ein weiterer State Park, der „Giant City“ State Park ganz in der Nähe liegt.
http://dnr.state.il.us/lands/landmgt/parks/r5/gc.htm
Adresse in unser Navi und „Tussi“ lotst uns über kleinste und schmalste Straßen zum Ziel. Das war wohl die Rache dafür, dass wir oft nicht auf sie hören. Jetzt bleibt uns aber nichts anderes übrig, denn eine detaillierte Karte der Gegend haben wir nicht. Endlich erreichen wir den Park und müssen noch recht lange fahren, bis wir am Visitor Center landen. Neue Erkenntnis: Hier machen die Leute schon um 15:00 Feierabend. Weiter geht’s zum Campground. Hier haben wir die Qual der Wahl, von den ca. 100 Stellplätzen ist nur einer besetzt. Wir suchen uns „unseren“ Platz aus und richten uns ein. Heute sind wir durch insgesamt vier verschiedene US Staaten gefahren, ein neuer Rekord.
Nach den süßen Teilchen am Nachmittag haben wir keinen Hunger mehr und es gibt nur Obst zum Abendessen. Irgendwann kommt dann ein netter Ranger vorbei und holt sich den Obolus von 20$ ab für die Nacht. Margit macht noch einen etwas längeren Spaziergang, ich kuriere meinen Schnupfen aus.
Unsere Strecke am 21.4.2014